Ehrenpromotionen der Universität Basel ab 2016

Hier finden Sie eine Lister aller Ehrenpromotionen der Universität Basel ab 2016, mit Angaben zur Laudatio und kurzen Angaben zum akademischen Lebenslauf der Geehrten. Im Jahr 2020 hat die Universität Basel aufgrund der Corona-Pandemie auf die Durchführung des Dies academicus und die Verleihung von Ehrenpromotionen verzichtet.

Ehrenpromotion Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät 2017


Name Heyer, Katharina
Geschlecht f
Datum 24.11.2017
Fakultät Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Titel Dr. phil.

Begründung

Die Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der im Jahre 1460 gegründeten Universität Basel verleiht die Würde und alle damit verbundenen Rechte, Ehren und Privilegien einer Doktorin der Philosophie ehrenhalber an Katharina Heyer von Zürich (ZH)

die sich seit 20 Jahren als kritische Naturschützerin mit unermüdlichem Engagement für die Wale und Delfine in der Strasse von Gibraltar einsetzt;

die in Zusammenarbeit mit der Universität Basel Forschungs- und Sensibilisierungsarbeit leistet, Studierenden und Laien die Begegnung mit Walen ermöglicht und wissenschaftliche Arbeiten und kritische Diskussionen anstösst;

die die Stiftung firmm (foundation for information and research on marine mammals) gegründet hat, mit ihrem Team Walsichtungen durchführt und wissenschaftlich auswertet und so massgeblich zum Schutz der marinen Säuger beiträgt.

CV

Geboren am 20. Juli 1942 in Zürich, wandert Katharina Heyer in den frühen Sechziger Jahren mit ihrem Mann nach Tansania aus. Drei Jahre lang arbeitet sie als Auslandkorrespondentin. Nach der Rückkehr in die Schweiz und der Geburt zweier Söhne gründen die beiden 1980 ein Importunternehmen für Lederwaren und Accessoires.

Als ihr Leben Ende 1997 eine schicksalhafte Wende nimmt, ist Katharina Heyer eine erfolgreiche Designerin von Sporttaschen für Weltkonzerne wie Puma. Ausgelaugt vom hektischen Geschäftsleben reist sie zum Jahreswechsel nach Südspanien und beobachtet in der Strasse von Gibraltar spielende Delfine. Einem inneren Antrieb folgend, will sie mehr über die Meeressäuger vor Tarifa wissen, aber ausser den lokalen Fischern weiss niemand etwas über die Existenz von Delfinen und Walen in der Meerenge. Ihre Nachforschungen bringen sie zu Professor Dr. phil. David G. Senn an der Universität Basel. Die Leidenschaft des Zoologen gilt zwar dem Plankton, aber er erkennt sogleich das Potenzial für die Forschung und bietet ihr Unterstützung an.

Am 27. April 1998 gründet Katharina Heyer eine Stiftung zum Schutz und zur Erforschung von Meeressäugern namens firmmâfoundation for information and research on marine mammals. Fortan hängt sie ihr altes Leben an den Nagel und widmet sich voll und ganz dem Aufbau der Stiftung. Professor Dr. Senn nimmt Einsitz im Stiftungsrat. Hauptzweck der Stiftung sind Forschung sowie Information und Aufklärung der breiten Bevölkerung. Mit respektvollen Walbeobachtungstouren willfirmmâ Begegnungen mit den Walen in Freiheit ermöglichen und Menschen durch persönliches Erleben nachhaltig sensibilisieren.

Katharina Heyer erkennt rasch, dass zur Erforschung der Meeressäuger und zum Schutz ihres bedrohten Lebensraums erst einmal verlässliche Daten gesammelt werden müssen. Anhand eines von Prof. Senn entwickelten Datenblatts dokumentiert sie von Anfang an jede Sichtung von Tieren. Nebst der Protokollierung der Arten und Bestände katalogisiert ihr wachsendes Team die Populationen der am häufigsten vorkommenden Grindwale und Tümmler anhand von Fotoidentifikationen. Auch die Wanderrouten der Pottwale und Finnwale lassen sich mit Hilfe der Foto-ID und im Abgleich mit Daten anderer am Mittelmeer ansässiger Organisationen erforschen. Die Universität Basel begleitet die Forschung und nutzt die Infrastruktur von firmmâ  seit 2004 als Basis für Exkursionen zur Planktonforschung. 2010 übernimmt Frau Prof. Dr. Patricia Holm von Prof. Dr. David Senn die Rolle und den Sitz im Stiftungsrat.

Der Aufbau von firmmâ ist mühevoll und langwierig. Sämtliche Grundlagen wie beispielsweise Regeln für schonendes und respektvolles Whale Watching fehlen. Erst 2008 setzen die spanischen Behörden das durch firmmâ  nach internationalen Modellen erarbeitete Regelwerk in Kraft.

Doch über die Jahre trägt die unermüdliche Arbeit des Teams, unterstützt durch zahlreiche Studierende und Freiwillige, Früchte. Trotz vieler Rückschläge wächst firmmâ langsam und stetig zu einem validen Partner, Arbeitgeber und Forschungsstation heran. Die Stiftung engagiert sich politisch und mit Aufklärung für den Schutz der Wale und bekämpft den Zuwachs an weiteren Delfinarien in Spanien.

Dank akribischer Pflege unter der Leitung von Katharina Heyer und firmmâ Meeresbiologe Jörn Selling wächst die Datensammlung über die Jahre stetig. Ende 2009 evaluiert Prof. Dr. Jürgen Holm, Doktor der Biologie und ausgewiesener Statistik-Experte, die riesige Datenmenge mit Hilfe einer geeigneten Software. Die Auswertungen liefern wertvolle Erkenntnisse über Populationsgrösse, Familienstrukturen, Wanderverhalten, Krankheiten, Verletzungen u.v.m. und erlauben neue, komplexere Fragestellungen.

2011 wird die Datensammlung von firmmâ politisch relevant: Es gelingt, anhand der Sichtungs- und Verbreitungskarten eine geplante neue Fährlinie zum neuen Hafen Tanger MED auf der marokkanischen Seite zu verhindern, die quer durch das Gebiet der residenten Grindwalpopulation hätte führen sollen.

In zwanzig Jahren Einsatz zum Schutz der Wale und Delfine hat firmmâgeschätzten 3-400’000 Touristen und Studierenden der Fachrichtungen Meeresbiologie, Nachhaltige Entwicklung oder Tourismus in Tarifa die Biologie und Ökologie der Wale näher gebracht. Katharina Heyer hat inzwischen einen Grossteil ihrer Verantwortung an langjährige Mitarbeitende übergeben. Doch nach wie vor ist sie der Motor hinter firmmâund steht bei jeder Ausfahrt auf der Brücke eines ihrer beiden Whale Watching Boote. Bis zum letzten Atemzug wird sie ihre unerschöpfliche Energie für den Schutz der Wale und Delfine einsetzen.


⟨ Zurück zur Liste