Orte der Universität
Die Universität Basel war seit ihren Anfängen auf verschiedene Gebäude verteilt. Ursprünglich am Münsterhügel und am Rheinsprung behaust, hat sich die Universität in Richtung Petersplatz, Hebelstrasse und Schällemätteli ausgedehnt. Die Wachstumsdynamik im 20. Jahrhundert macht es schwierig, die aktuellen Gebäudebestände zu überblicken: Im Jahr 2010 arbeitet die Universität Basel an rund 40 Standorten in über 90 Liegenschaften.
Die Orte der Universität Basel waren zahlreich und sie veränderten sich stetig. Die hier versammelten Seiten zeigen die Geschichte der Universität Basel in ihrer räumlichen Dimension – eine Topographie, die die Gebäude, Orte und Räume der Universität verzeichnet und in ihrer Entwicklung verfolgt. Die kontinuierliche Verlagerung von universitären Räumen auf dieser «Mental Map» sind Reflex und Reaktion auf die Entwicklung der Wissenschaften, auf die Differenzierung des Fächerkanons, auf die Bewegungen der Studierendenzahlen und auf das Verhältnis der Universität zur Stadt - und sie reagieren umgekehrt auch auf die zeitweise stürmische städtebauliche Entwicklung Basels. Nur zwei Kontinuitäten gibt es in 550 Jahren Raumgeschichte: Nie gab es nur «einen Ort» der Universität und immer war der Raum der Universität aufs engste mit dem Raum der Stadt verflochten.
Die Liste der Behausungen der Universität Basel seit ihrer Gründung ist lang und eindrücklich. Immer wieder gab es Gebäude mit gewissen Zentrumsfunktionen - das «Untere Kollegium» in den ersten Jahrhunderten, das Kollegienhaus am Petersplatz in den jüngeren Zeiten. Ein einziges Hauptgebäude, das zeichenhaft die ganze Universität repräsentieren würde, besitzt Basel nicht. Die verschiedenen Institute und Seminare, Bibliotheken, Forschungseinrichtungen und Lehrorte wurden in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht und wechselten diese in gewissen Jahrhunderten häufig – der Raum der Universität befand sich in einem stetigen Wandel, blieb dabei aber immer in enger Beziehung zum städtischen Raum.
Der Weg der Universität und der Weg der Wissenschaften von ihrem Gründungs- bis ins Jubiläumsjahr ist auch die Geschichte zahlreicher einzelner Gebäude. Die Universität und die Stadt Basel erbauten diese Gebäude nur in den seltensten Fällen neu und für die Universität, sehr viel häufiger eignete sich die Institution vorhandene Bausubstanz an, indem sie sie kaufte, mietete, umnutzte und veränderte. Diese universitäre Raumgeschichte ist eine Geschichte räumlicher Ausdehnung, aber keine Fortschrittsgeschichte mit irgendeiner erkennbaren Linearität – sie präsentiert sich als eine Kette von Baustellen, Umzügen und ständig wechselnden Nutzungen von Gebäuden.
Dennoch lassen sich in der Geschichte der universitären Raumnutzung einige grobe Entwicklungen skizzieren. Der Blick aus der Vogelperspektive zeigt, wie sich die Schwerpunkte der universitären Orte im Laufe der Zeit topographisch verschob:
Die Anfänge und die ersten dreihundert Jahre ihrer Geschichte spielte der universitäre Alltag auf dem Münsterhügel, zwischen dem Unterem Kollegium am Rheinsprung und dem Oberen Kollegium in der Augustinergasse, im Münster selbst und in sehr vielen angrenzenden Gebäuden. Der Museumsneubau, der 1849 das obere Kollegium ersetze, leitete eine Zeit räumlicher Erweiterung, intensiver universitärer und städtischer Bautätigkeit und den Abschied vom Münsterhügel ein.
Im 19. Jahrhundert verschob sich der Mittelpunkt der Universität an die damalige Peripherie der Stadt im Westen. In rascher Folge wurden das neue Spital, das Bernoullianum, das Vesalianum und die Universitätsbibliothek errichtet - repräsentative Zweckbauten für universitäre Nutzungen, finanziert von der Stadt und einem spendenfreudigen Bürgertum. Endgültig zum Mittelpunkt der Universität wurde die einstmalige Stadtrandlage mit der Errichtung des Kollegienhauses im Jahr 1939.
Im 20. Jahrhundert wuchs die Universität weiter - zusätzliche topographische Verdichtungen entstanden. Der Naturwissenschaftliche Bereich verlagerte sich mit einer ganzen Reihe von Neubauprojekten ins St. Johann Quartier. Die Geisteswissenschaften bildeten in einer schwer zu überschauenden Anzahl von Kleinstandorten eine Art Satellitengürtel rund um den Petersplatz.
Motoren für diese Entwicklungen gab es viele – die wohl geringste Rolle spielte eine strategische Raumplanung, die etwa neue Disziplinen nach ihrer wissenschaftlichen Dynamik und politischen Bedeutung mit Räumen bedacht hätte. Umgekehrt scheint eher manches Neubauprojekt den Aufschwung der Disziplin befördert zu haben als umgekehrt. Manche Entscheidungsprozesse wie die Erbauung des Kollegienhauses am Petersplatz dauerten Generationen lang – dieser Formierungsprozess von neuem universitären Raum erwies sich als hoch komplex und als Zusammenspiel von unterschiedlichsten Akteuren: Dazu zählen die Verantwortlichen in Universität und Stadt, die unterschiedlichste Interessen verfolgten; das Engagement der Bürgerschaft Basels, das Bauvorhaben zum Erfolg oder zum Scheitern verhelfen konnte; die politischen Rahmenbedingungen, die wie die Kantonstrennung die Finanz- und damit Raumsituation der Universität drastisch einschränken konnten; die juristischen Bedingungen wie etwa die Regelungen über den Gebäudebestand im Universitätsgesetz; die handfeste finanzielle Unterstützung der Freiwilligen akademischen Gesellschaft, die die grossen Bauprojekte ab 1874 ermöglichten; die innere Dynamik in der Entwicklung der Fächer und der wissenschaftlichen Schwerpunkte und die Anzahl der Studierenden, die im Verlauf des 20. Jahrhunderts von rund 1000 auf über 10000 ansteigen sollte.
Angeleitet und kanalisiert wurde der räumliche Entwicklungsprozess in der jüngsten Vergangenheit von einer weiterreichenden strategischen Raumplanung, die das Modell einer Universität in der Stadt in Form eines Modell verschiedener Campusbereiche verfolgte: Das Jubiläumsjahr 2010 findet die Wirtschaftswissenschaften und die Juristische Fakultät am Bahnhof angesiedelt, die Naturwissenschaften in einer absehbaren Verlagerung weiter in Richtung Westen, und die geisteswissenschaftlichen Institutionen in der Erwartung einer Standortkonzentration rund um den Petersplatz vor.
Die Integration der universitären Räume und Orte in die Topographie der Stadt war immer eng - noch die aktuellen Überlegungen über die Campus- und Zentrenbildung imaginiert eine Vision der «Universität in der Stadt». «Konzentration», «Verdichtung» und «Sichtbarkeit» steht auf den Wegweisern der strategischen Raumplanung der Universität. Geplant werden die künftigen Campusmodelle immer noch innerhalb der Stadt und integriert in die städtische gewachsene Bausubstanz.