Ehrenpromotionen der Universität Basel ab 2016

Hier finden Sie eine Lister aller Ehrenpromotionen der Universität Basel ab 2016, mit Angaben zur Laudatio und kurzen Angaben zum akademischen Lebenslauf der Geehrten. Im Jahr 2020 hat die Universität Basel aufgrund der Corona-Pandemie auf die Durchführung des Dies academicus und die Verleihung von Ehrenpromotionen verzichtet.

Ehrenpromotion Philosophisch-Historische Fakultät 2016


Name Duden, Barbara
Geschlecht f
Datum 25.11.2016
Fakultät Philosophisch-Historische Fakultät
Titel Dr. phil.

Begründung

Die Philosophisch-Historische Fakultät der Universität Basel ehrt Prof. Dr. Barbara Duden

die als Pionierin der internationalen Geschlechterforschung wie als eine der Begründerinnen einer Kulturwissenschaft der Life sciences gelten kann.

die Generationen von Forscherinnen und Forschern in verschiedenen Fach-und Themenbereichen für die Wissenschaft begeistert und methodologisch wie in ihrem Denkstil nachhaltig geprägt hat.

und die eine engagierte Vermittlerin ist zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.

CV

Barbara Duden hat Geschichte und Anglistik in Frankfurt a.M., Wien und Berlin studiert. Seit Mitte der 1970er gehört sie einem Kreis junger Historikerinnen in Berlin an, die nach den Geschichten von Frauen und nach Frauen in der Geschichte suchen. Damals befremdet sie, dass die Personen in der Vergangenheit für die Geschichtswissenschaft fast durchweg männlich und sonderbar körperlos waren. Durch einen glücklichen Quellenfund wird sie zur Erfinderin einer bis dato unbekannten Disziplin: der Körpergeschichte. Die Protokolle eines Provinzarztes aus dem 18. Jh., in denen er die Klagen seiner Patientinnen verschriftet hatte, liefern ihr den Stoff und einen Abstützpunkt, um die Geschichtlichkeit des somatischen Erlebens und der praxisleitenden Vorstellungen vom Somatischen zu untersuchen. Damit hat sie einen durch Medizin und Biologie für historische Untersuchungen verstellten und in der Geschichtswissenschaft blinden Fleck handwerklich und intellektuell sichtbar gemacht: die Geschichte unter der Haut. Hier schließen sich in den 1990er Jahren Studien darüber an, wie die graphischen Darstellungen des Ungeborenen in anatomischen Atlanten eine „embryonale Entwicklung“ erst im späten 18. Jh. denkbar machten; ein somatisches Erleben, das den Frauen vorbehalten war und sich nicht in universale Begriffe fassen ließ, wurde so zu einem modernen Wissenstypus. 

In ihren Arbeiten studiert Barbara Duden drei Epochen erlebter Körperlichkeit: die Selbstwahrnehmung im Barock, die Körperlichkeit der klassischen Medizin bis in die 1970er Jahre und den Untergang dieses „Körpers“ im Zuge von Risikomanagement und popularisierter Statistik. Dabei wird sie immer wieder die unhinterfragten Selbstverständlichkeiten der Spätmoderne im Kontrast der Vergangenheit sichtbar machen und radikale Umbrüche in der Geschichte der Vorstellungen und Wahrnehmungen untersuchen, in denen moderne meta-physische Konzepte ehemals somatische Erfahrungsbereiche entwurzeln: das „Alltagsgen“, der öffentliche Fötus, das „persönliche Risiko“.

Heute interessiert sich Barbara Duden für die ökonomischen Dimensionen dieser Umbrüche. Sie verbindet ihre Suche nach historischen Wasserscheiden im Fokus der Körpergeschichte mit älteren Themen im Bereich der Frauengeschichte, insbesondere die Debatten um Hausarbeit und die historische Kritik am Konzept geschlechtsneutraler Wirtschaftssubjekte. Es ist vor allem dieses Interesse, das Barbara Duden mit feministischen Ökonominnen und Historikerinnen aus der Schweiz und auch mit Basel verbindet.


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