Die Psychologie auf eigenem Lehrstuhl
Der eigentliche Emanzipationsprozess der Psychologie zu einer eigenständigen Fachwissenschaft hatte seinen Platz nicht auf einem der beiden gesetzlichen Lehrstühle für Philosophie. Er verlief vielmehr quer durch die Fakultäten. Die Psychologie fasste das, was sich seit dem Basler Universitätsgesetz von 1937 in eine Philosophisch-Historische und eine Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät gliederte, weiterhin als Einheit. Dass psychologische Professuren zunächst an beiden Fakultäten eingerichtet wurden, erstaunt deshalb nur auf einen ersten Blick.
Erklären und verstehen - die Psychologie zwischen Geistes- und Naturwissenschaft
Aus einem breiten Philosophieverständnis hervorgegangen, behielt die Psychologie die Breite in ihrem Fach auch dann, als die Fakultät sich für die Teilung entschied. Hans Kunz, Basler Professor und Schüler von Jaspers wie Häberlin, blieb bis zu seiner Emeritierung in den 1970er Jahren Verfechter einer so verstandenen Psychologie. In einer Jubiläumsschrift zu Forschung und Lehre an der Universität Basel begründete Kunz 1960 den unaufgebbaren Doppelcharakter der psychologischen Wissenschaft: «Denn ihr Objekt, der erlebende und handelnde Mensch oder wie immer man es bestimmen möge, erschliesst sich dem Erkennen auf jenen Wegen, die sowohl in den Natur- als auch in den Geisteswissenschaften ausgebildet worden sind, und nicht im Begehen ausschliesslich der einen oder der andern Wege.»
Die Psychologie erhält erste Fachvertreter
Hans Kunz habilitierte sich 1945 mit der Arbeit «Die anthropologische Bedeutung der Phantasie» und erhielt darauf die Lehrbefugnis für Psychologie. 1951 zum Extraordinarius befördert, besetzte er die erste ausschliesslich der Psychologie gewidmete Professur an der Philosophisch-Historischen Fakultät. Auch den ersten ordentlichen Lehrstuhl für Psychologie fiel Hans Kunz zu. Die Universität richtete ihm 1966 ein persönliches Ordinariat ein, das er, damals schon 70-jährig, erst 1974 aufgab.
Auf dem naturwissenschaftlichen Weg wurden die ersten institutionellen Meilensteine schon etwas früher gelegt. Ernst Probst habilitierte sich 1932 für Angewandte Psychologie und vertrat dieses Fach in der Folge mit einem Lehrauftrag. 1947, vier Jahre vor Kunz, wurde Probst an seiner Fakultät zum ausserordentlichen Professor befördert.
In diesen Entwicklungen der Psychologie ist allerdings nicht der Beginn einer sicheren Existenz und eines stetigen Wachstums zu sehen. Der Weggang von Hans Kunz bedeutete auch das Erlöschen des persönlichen Ordinariats. Die Philosophisch-Historische Fakultät hatte zwar schon 1969 beantragt, die auslaufende Professur durch zwei Lehrstühle zu ersetzen, doch blieb die Psychologie nach 1974 während vier Jahren ohne Fachvertreter. Erst mit der Institutsgründung von 1978 begann eine Zeit der gesicherten Ordinariate und der Kontinuität in Lehre und Forschung.