„Die Kommunikation mit KollegInnen, mit alten und neuen Bekannten und Freunden in der Schweiz war für mich ein kaum zu überschätzendes Geschenk. Die Gastfreundlichkeit war nicht aufdringlich, sondern diskret und herzlich. Die Beziehungen mit KollegInnen und StudentInnen des Historischen Seminars habe ich als wärmer und ‚gemütlicher’ wahrgenommen als in Deutschland und in Russland – auch der Form nach, mit einem unkomplizierten Übergang zum ‚du’. Als mich die ProfessorInnen des Historischen Seminars beispielsweise ins Restaurant einluden, musste ich zu einer bestimmten Zeit zu einem Büro kommen, in dem eine Arbeitssitzung stattfand. Sie wurde sofort unterbrochen, damit sich die KollegInnen mir vorstellen konnten. Meine Einbildungskraft reicht nicht aus, um mir Ähnliches an einer deutschen oder russischen Universität vorzustellen.

Am engsten kommunizierte ich mit Jörn Happel, dem Assistenten am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte. Er verpflichtete sich inoffiziell, mir in allen Angelegenheiten während meines Aufenthaltes in Basel beizustehen. Abgesehen vom lustigen Wettbewerb, wer die meisten Seiten produzierte, half mir Jörn in schwierigen Situationen (beispielsweise, als ich das deutsche Visum brauchte), bei Alltagsproblemen sowie bei der Strukturierung meiner Freizeit. (…) Zwei Abende im Mai und Juni verbrachte ich in der Gesellschaft von Heiko Haumann (…) Heiko hörte aufmerksam meine Berichte über die Arbeit am Manuskript an und stimmte meinen Forschungsprioritäten zu. Unsere Ansätze sind ähnlich: wir beide interessieren uns für die Geschichte aus der Perspektive ihrer Akteure, für den Alltag, für „gewöhnliche“ Menschen, für Mikrosujets, die die meisten Historiker in der Regel nicht interessant finden. Seinerseits vertraute mir Heiko mit Vergnügen nicht nur die eigenen wissenschaftlichen Pläne, sondern auch seine Familiengeschichte an. (…) Unter anderem hat mir Heiko als Experte für jüdische Geschichte geholfen, Fragmente der Lieder zu identifizieren, die ich in Kinderjahren von meinem Grossvater B. Chasanow gehört hatte."

Igor Narskij, Oče-vidnaja istorija: problemy vizualʹnoj istorii Rossii XX stoletija: sbornik statej, Čeljabinsk: Kamennyj pojas, 2008.