Gleicher Zugang, ungleiche Aussichten: Eine Standortbestimmung

Frauen und Männer haben heute rechtlich und statistisch den gleichen Zugang zur Bildungsinstitution Universität. Hinsichtlich der beruflichen und akademischen Karriereperspektiven sind die Studentinnen jedoch nach wie vor in einer schwächeren Position als ihre männlichen Kommilitonen. Die Verwirklichung von Chancengleichheit ist ein langfristiges Projekt.

In einer Standortbestimmung von 2007 kommt das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBF) und das Bundesamt für Berufsausbildung und Technologie (BBT) zum eindeutigen Befund: Neben einer horizontalen Segregation nach Fach wird die akademische Welt immer noch von einer vertikalen Segregation nach Rang strukturiert. Zwar hat der Anteil Frauen in den letzten Jahren auf allen Hierarchiestufen langsam zugenommen. Je höher jedoch die Stufe, desto tiefer der Frauenanteil. Während die Frauen im Jahr 2005 bei den Immatrikulationen rund 50% ausmachen, sind es bei den Hochschulabschlüssen noch 45%, bei den abgeschlossenen Doktoraten 40%, bei den Habilitationen 23% und bei den Professuren gerade noch 12%. Beim Erklimmen der wissenschaftlichen Karriereleiter haben Frauen mit strukturellen Benachteiligungen zu kämpfen. Im Vergleich mit 33 europäischen Referenzstaaten liegt die Schweiz hinsichtlich der Teilhabe von Frauen an Wissenschaft und Forschung auf dem 29. Rang.

«Teufelskreis der statistischen Diskriminierung»
Geschlechtsbezogene Selektionsmechanismen strukturieren auch den Arbeitsmarkt. Die beruflichen Aufstiegschancen sind nach wie vor ungleich verteilt. Die Standortbestimmung hält fest, dass sich die Berufspositionen der Absolventinnen und Absolventen zwar unmittelbar nach dem akademischen Abschluss kaum unterscheiden. Nach einer Frist von vier Jahren jedoch sind Männer deutlich häufiger in Führungspositionen vertreten als Frauen. Oberhalb des mittleren Kaders stossen sie an eine «gläserne Decke».

Hier spielt zwar die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Rolle, wesentlich verstärkt wird sie durch die «statistische Diskriminierung»,  die Annahme, dass Frauen in jedem Fall - unabhängig von der individuellen Situation - ein stärkeres Familienengagement an den Tag legen als Männer. Dies legitimiert Unternehmen, ihnen Positionen mit schlechteren Aufstiegschancen und niederer Bezahlung zuzuweisen und sich weiterhin am männlichen Karriere- und Erwerbsmuster zu orientieren. Damit rauben sie Frauen tatsächlich die berufliche Motivation und setzen das in Gang, was als «Teufelskreis der statistischen Diskriminierung» bezeichnet wird. Der gleichstellungspolitische Chancenausgleich ist eine langfristige, vielleicht eine Daueraufgabe.