Von der Vorlesung zum Moot-Court. Entwicklungen in der Lehre

Bis 1960 war das Basler Rechtsstudium gekennzeichnet durch ein liberales unstrukturiertes Studiensystem mit dem Doktorat als einzigem Abschluss; die Fakultät führte als letzte in der Schweiz ein Lizenziatendiplom ein. Die vergangenen Jahrzehnte zeigen eine stufenweise Strukturierung und Modernisierung des fakultären Unterrichts auf.

Zunehmend führte die Fakultät auch Prüfungen für Studierende anderer Rechtsfakultäten (Mobilitätsprüfungen) sowie für Basler Studierende mit juristischem Nebenfach (Nebenfachprüfungen) durch (vgl. StuPO 1998 § 30 f.). Die Anzahl Nebenfachstudierender im Fach Recht hat sich seit der Bologna-Reform verdreifacht. 

«Bologna»
Nach der «Bologna-Deklaration» der Europäischen Bildungsministerkonferenz 1999 stand die Fakultät den neuen Strukturen zunächst ablehnend gegenüber. 2001 ergriff sie jedoch die neue Aufgabe mit grossem Einsatz bis zum Erlass der ersten Ordnungen 2004/2005. «Bologna-Delegierter» der Fakultät wurde Prof. Enrico Riva.

Im neuen Curriculum des 6-semestrigen Bachelor-Studiums sind mit wenigen Abstrichen alle bisherigen Lizentiatsfächer in konzentrierter Form enthalten; die umfassende Ausbildung in den Kernfächern zeichnet den Basler Bachelor im Vergleich mit den Konzepten der Schwesterfakultäten aus. Der bisherige Erstjahreskurs mit selektiver Vorprüfung wird beibehalten (Bachelor-Ordnung vom 7.4.2004).

2005 folgt die Master-Ordnung mit den fünf Master-Typen Generelles Masterstudium, Transnationales Recht, Verwaltungsrecht, Wirtschaftsrecht und Freies Masterstudium (Master-Ordnung vom 28.4.2005). Seit 2007 bestehen Bemühungen, einen Master in 'Life Science-Recht' zu realisieren. - Das Masterdiplom ist Voraussetzung für das Doktorat sowie die Zulassung zur Advokaturprüfung.

Seit 2006 wird ein juristischer EUCOR-Master (Basel/Strasbourg/Freiburg i.B.) angeboten, den zur Zeit acht Studierende belegen, ferner ein «master bilingue» der juristischen Fakultäten von Basel und Genf (Ordnungen vom 2.2.2006).

Nachdiplomstudien
Besonderes Gewicht haben in diesem Bereich die kantonalen Nachdiplomprüfungen für die Zulassung zu Advokatur und Notariat. In den entsprechenden Prüfungskommissionen ist die Fakultät stets gut vertreten, doch konnten bisher nur selten spezifische Lehrveranstaltungen angeboten werden. Eine Koppelung der Anwaltsausbildung mit dem Masterstudium ist in Prüfung. Darüber hinaus wird eine Weiterbildung zum Fachanwalt im Arbeitsrecht in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Anwaltsverband angeboten.

Für Doktorierende werden in unregelmässiger Folge Doktorandenseminare durchgeführt. 2004 wurde erstmals zusammen mit der Vereinigung «Mensch im Recht» ein Coaching für Doktorierende angeboten. Insbesondere auswärtigen Interessenten mit abgeschlossenem Rechtsstudium wird seit 1992 ein Magisterabschluss in einem Vertiefungsfach angeboten (LL.M. Basel). (Magisterordnung der Juristischen Fakultät vom 23.4.1992). Daneben stehen unseren Absolventen die Nachdiplomangebote des Basler Europainstituts offen (MAS European Integration mit zwei möglichen Major-Abschlüssen) und im Rahmen des Advanced Study Center der Universität wird ein Master-Programm Verwaltungsrecht angeboten; es richtet sich primär an Praktiker mit entsprechender Vorbildung (MAS Administrative Law; Studienleitung Prof. Felix Hafner). Schließlich ermöglicht die Basler Lawjobfair als Fakultätsanlass neuerdings den Absolventen eine Kontaktaufnahme mit spezifischen regionalen Arbeitgebern.

Sich wandelnde Lehrformen - von der Vorlesung zum Moot-Court
Lange Zeit stand die klassische Plenarvorlesung im Zentrum der Lehre, ergänzt durch «Plenar-Uebungen» und vereinzelte (fakultative) Seminare und Kolloquien. 1970 wurde erstmals eine Vorlesung (Juristische Arbeitsmethodik und Dokumentation) durch wöchentliche Gruppenarbeit, sogenannte Tutorate ergänzt (Prof. A. Kuttler). Die studentischen Gruppenleiter wurden zeitweise in mehrtägigen Tutorentrainings geschult. Tutorate sind inzwischen feste Unterrichtsbestandteile geworden. Blockveranstaltungen zur Studieneinführung, später auch zum 3. Semester nach Abschluss des Erstjahreskurses, sowie für Advokaturkandidaten vor den Prüfungs-Hausarbeiten. werden seit 1980 abgehalten. Ab 1992 werden regelmässig Klausurenkurse (Probeklausuren) angeboten. Proseminare wurden seit Ende der achtziger Jahre abgehalten und später - nach Abschaffung der achttägigen Hausarbeit im Lizentiatsexamen - für obligatorisch erklärt.

Neben diesen universitären Lehrformen nimmt die Juristische Fakultät regelmässig an praxis-orientierten externen Aktivitäten teil, beisielsweise seit 1996 an internationalen Moot Courts (fingierten Gerichtsverhandlungen), darunter der Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot in Wien (Prof. I. Schwenzer, Ass. Prof. C. Fountoulakis), der Telders International Law Moot Court (Völkerrecht) in Den Haag (Prof. A. Peters) und der Concours René Cassin (Menschenrechte) in Strasbourg (Prof. S. Breitenmoser. In allen Wettbewerben nehmen die Teams immer wieder Spitzenplätze ein. Daneben wird inzwischen auch der nationale Swiss Moot von Basler Teams beschickt (Prof. P. Jung). 

Seit 2000 werden sog. «Clinics», begleitete Kurzpraktika für Studierende, angeboten, insbesondere. in Advokaturen und Rechtsabteilungen (Prof. I. Schwenzer), in der öffentlichen Verwaltung (Prof. F. Hafner) und in Rechtsberatungen, in welchen unter Mitwirkung Studierender externe Kunden beraten werden (Rechtsberatung Familienrecht; Rechtsberatung für Studierende [SKUBA-Clinic]). Zu erwähnen sind auch Experimente mit «Feldübungen» in Rechtstatsachenforschung (Prof. P. Aebersold). 

Exkursionen sind bereits in den sechziger Jahren durch die ‹legendären› Romreisen von Prof. J. G. Fuchs (Römisches Recht und Kirchenrecht) Tradition geworden. Heute stehen im Vordergrund die Europarechts-Exkursionen nach Brüssel, Luxemburg und Strasbourg (Prof. S. Breitenmoser); daneben bilden lokale Gerichtsbesuche sowie Besuche in Vollzugsanstalten feste Bestandteile im Unterricht.

Im Bereich der Seminarangebote sind neben den traditionellen Blockseminaren insbesondere Veranstaltungen mit anderen Fakultäten zu erwähnen wie etwa die Engelberger Religionsrechts-Seminare (Prof. F. Hafner), die Dreiländerseminare im Strafrecht (Prof. M. Pieth) und die EUCOR-Seminare Basel/Strasbourg/Freiburg i.B. (Proff. S. Breitenmoser, A. Peters).

Für Master-Arbeiten bittet neuerdings die Fakultät um Themenvorschläge aus dem Kreis lokaler Wirtschaftsunternehmungen (Prof. Peter Jung / Handelskammer beider Basel).

Die Mobilitätsprogramme der Fakultät ermöglichen den semesterweisen Besuch insb. fremdsprachiger auswärtiger Fakultäten während des Grundstudiums durch entsprechende Prüfungsanerkennung (erstes Uebereinkommen bereits 1968 ). Neben den Rechtsfakultäten der Schweiz und der EUCOR-Partner bestehen auch weitere Beziehungen zu ausländischen Fakultäten (z. Zt. insb. zu den Universitäten Bologna, Paris II und XII).

E-learning fasst nur zögernd Fuss in der Fakultät; aktuell werden „eScripts" zum Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht angeboten (Prof. L. Handschin). Zu vielen Vorlesungen werden den Studierenden neuerdings Diskussionsforen im Web angebotenen.

Fremdsprachige Lehrveranstaltungen werden seit Ende der achtziger Jahre vereinzelt angeboten, darunter Einführungen in angelsächsische und französische Rechtsgebiete, die Zaeslin und Maag Summer School Basel (Law, Economics & Public Policy) oder als aktuelles Angebot des WWZ die «Lecture Series in Law, Economics & Public Policy». Das Sprachenzentrum der Universität bietet neuerdings rechtsspezifische Kurse in Englisch, Französisch und Italienisch an. Angebote des Deutschen Seminars in Sprechkompetenz und mündlicher Kommunikation werden von Jusstudierenden seit Jahren genutzt.

Die Evaluation der Lehre steht seit Anfang der neunziger Jahre im Programm der Fakultät, zunächst in Form fakultativer Vorlesungsevaluationen, teils mit Online-Rückmeldungen der Studierenden. 2007 verabschiedete die Fakultät ihr Qualitätssicherungskonzept und beschloss am 3.1.2008 das geltende Evaluationskonzept der Fakultät, welches nun schrittweise umgesetzt wird.