Die Geschichte der Juristischen Fakultät

Wie die Theologische Fakultät hat auch die Juristische eine Geschichte, die bis in die Zeit des Basler Konzils zurückreicht. Stand die Lehre des kirchlichen Rechts im Mittelpunkt der Konzilsuniversität, ergab sich bald nach der Gründung eine anhaltende Konkurrenz zwischen den zwei zentralen Disziplinen des kirchlichen und des weltlichen Rechts. Seit dem 17. Jahrhundert weitete sich das Arbeitsgebiet der Basler Juristen zunehmend aus. Zum einen wurde der Katalog der unterrichteten Fächer vergrössert, zum anderen wuchsen die praktischen Aufgaben der Professoren. In beidem liegt eine Entwicklung, die - wenn auch nicht kontinuierlich - bis heute andauert. 

Bei der Gründung der Basler Universität im Jahr 1460 verfügten die Vertreter des weltlichen Rechts (Legistik) nur über einen Lehrstuhl, während das Kirchenrecht (Kanonistik) mit drei Professuren ausgestattet war. Diese Privilegierung wurde von den renommierten Legisten, die man vorzugsweise aus Italien berief, entschieden in Frage gestellt. Sie entstammten einem humanistischen Umfeld, in dem das weltliche Recht bereits zu grosser Eigenständigkeit gelangt war. Ein Konflikt mit den zumeist aus Deutschland berufenen Lehrern des Kirchenrechts war unvermeidlich und wurde mit Heftigkeit ausgetragen.

Zwischen theoretischen Debatten und praktischer Wirksamkeit
Im 16. Jahrhundert, als sich das weltliche Recht gegenüber dem kirchlichen durchzusetzen begann, standen italienische Rechtsanschauungen erneut im Zentrum eines Streites. Die italienische Methode der Jurisprudenz, die unter Einbezug ausführlicher Kommentare arbeitete, wurde von einer in Frankreich entstandenen Schule angefochten, die eine Rückkehr zum rechtlichen Quellentext forderte. In Basel entwickelte Bonifacius Amerbach (1495-1562) in dieser Angelegenheit eine vermittelnde Position, die sich in der gesamten Eidgenossenschaft durchsetzen sollte.

Auch mit dem Beginn einer anderen Entwicklung steht der Name Amerbach in einem engen Zusammenhang: Bonifacius und sein Sohn Basilius pflegten eine intensive Verbindung von akademischer Lehre und praktischer Tätigkeit, die für das Leben an der Juristischen Fakultät während der nächsten Jahrhunderte bestimmend blieb. Der Bezug zur Praxis bestand hauptsächlich in der Erstellung von Rechtsgutachten für private und öffentliche Auftraggeber, die keineswegs nur aus Basel anfragten, sondern aus unterschiedlichen europäischen Gebieten an die Fakultät herantraten. Im 17. Jahrhundert beanspruchte diese Aufgabe so viel Raum, dass eine Erweiterung der Fakultät unumgänglich schien. Für die Gutachtertätigkeit wurden deshalb zur Entlastung der Professoren jüngere Assessoren herangezogen, so dass dem akademischen Unterricht wieder mehr Kapazitäten zur Verfügung standen.  

Disziplinäre Ausdifferenzierung und die Bemühung um Lehrstühle 
1706 wurden die drei bestehenden Professuren mit neuen Fächern betraut. Um an die internationale Entwicklung der Jurisprudenz anzuschliessen, wurde auch das Naturrecht in die offiziellen Unterrichtsfächer aufgenommen. Allerdings fehlten den Dozierenden zunehmend die Hörer, die solche Neuerungen hätten würdigen können. Zwischen 1798 und 1815 waren es gerade noch achtzehn Studenten, die sich für ein Studium der Rechtswissenschaft immatrikulierten. Entsprechend schwand auch der Lehrkörper und so wurde 1817 der Unterricht von einem einzigen Lektor bestritten.

Das Universitätsgesetz von 1818 sah zwar drei Professuren vor, doch führten ungünstige Umstände, unter denen die Kantonstrennung von 1833 die weitreichendsten Folgen hatte, zu längeren Vakanzen. 1835 war es erneut bloss ein einziger Professor, der die Fakultät zu betreiben hatte. Es erstaunt deshalb kaum, dass das in diesem Jahr erlassene Universitätsgesetz der Basler Jurisprudenz künftig eine nicht mehr als propädeutische Funktion zuwies. Doch ermöglichte die durch den Rechtsprofessor Andreas Heusler initiierte Freie Akademische Gesellschaft, deren Gründung ebenfalls ins Jahr 1835 fällt, in der folgenden Zeit zusätzliche Professoren auf der Basis von Drittmitteln zu berufen. Einer allmählichen Erweiterung des Lehrkörpers leistete dieser Schritt entscheidenden Vorschub.    

Ein solcher Ausbau war auch deshalb nötig, weil seit der Gründung des Bundesstaats im Jahr 1848 das eidgenössische Recht an Ausmass und Bedeutung gewann, was dessen gründliche Vermittlung erforderte. Dies betraf zunächst das öffentliche Recht und um die Wende zum 20. Jahrhundert ebenso das Privatrecht, für das 1904 eine erste Professur eingerichtet wurde. Von 1904 bis in die 60er Jahre verfügte die Fakultät über fünf gesetzliche Lehrstühle, hatte aber die Möglichkeit, mittels zusätzlicher Gelder weitere Dozierende einzustellen, wovon sie verstärkt Gebrauch machte. Besonders in den letzten fünfzig Jahren ist ein steter Zuwachs an Dozierenden zu verzeichnen. Mit dem weit schneller wachsenden Andrang von Studierenden vermochte dieser Ausbau allerdings bis heute nicht gleich zu laufen.