Die Entstehung und Funktion des Biozentrums

Die Mitte des letzten Jahrhunderts sah einen grossen Aufbruch der Biologie mit dem Ziel die molekularen Mechanismen der Lebensvorgänge zu ergründen. Die ersten Pionierarbeiten in dieser Richtung erfolgten hauptsächlich in den USA und in England. In den sechziger Jahren bestand in der Schweiz auf diesem Gebiet ein grosser Nachholbedarf.

In Basel entwickelten daher Wissenschafter aus der Forschung und Privatwirtschaft die Idee für ein neues, interdisziplinär ausgerichtetes Zentrum, das Disziplinen der philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät mit Disziplinen der medizinischen Fakultät verknüpfen und eng mit der Basler Industrie kooperieren sollte: das Biozentrum.

Glücklicherweise verfassten vier der wichtigsten Promotoren dieser Idee - Eduard Kellenberger, Alfred Pletscher, Christoph Tamm und Arnold Schneider - gemeinsam eine Zusammenfassung der Geschichte des Biozentrums, so dass wir über die Anfänge dieser neuen institution gut unterrichtet sind. Eduard Kellenberger hatte 1950 das Laboratoire de Biophysique später Département de Biologie Moléculaire in Genf gegründet und wurde 1970 an das Biozentrum berufen. Alfred Pletscher war Forschungsleiter in der Hoffmann La Roche und leitete später das Zentrum für Forschung und Lehre der Medizinischen Fakultät der Universität Basel. Christoph Tamm war ab 1966 Professor für organische Chemie und wurde später Rektor. Arnold Schneider wurde 1966 in den Regierungsrat gewählt und war bis 1984 Vorsteher des Erziehungsdepartements. Dass er zusammen mit drei Wissenschaftlern einen solchen Text verfasste war auch für die damalige Zeit ungewöhnlich. Charakteristisch für die damalige Aufbruchstimmung, die in diesem Text zum Ausdruck kommt, war der allen vier Autoren gemeinsame Wunsch etwas aufzubauen, das künftigen Generationen grossen Nutzen bringen würde.

Planungsphase
Von 1960 bis 1970 herrschte eine breit abgestützte positive Stimmung der naturwissenschflichen Forschung gegenüber. Besonders grosse Erwartungen zur zukünftigen Lösung der verbleibenden Gesundheitsprobleme wurden mit der biologischen Forschung verbunden, wie Alfred Pletscher, der die Herausforderung sah, an der Universität eine zeitgemässe Ausbildung von Studenten der Medizin und Biologie zu etablieren, schrieb. Zunächst bestand der Plan an der Universität Basel ein Institut für Biochemie zu schaffen, als dessen Leiter der Peptidchemiker Robert Schwyzer vorgesehen wurde.

Er formulierte im November 1962 seine Ideen für ein Biozentrum folgendermassen:
«Es sind Erkenntnisse und Fortschritte theoretischer und technologischer Art zu erwarten, die sich für unsere Zivilisation in mindestens ebenso entscheidender Weise auswirken werden, wie die Entdeckung und Beherrschung der mannigfachen Reaktionen der Atomkerne. Man denke nur an die Geheimnisse der Gesetzmässigkeiten der Vererbung, der Regulations- und Automationsmechanismen in Zelle und Organismus und die spezifisch-katalytische Wirkung von Enzymen, welche nun im Begriff sind, auf molekularer, d.h. auf chemischer und physikalischer Basis verstanden zu werden. Eine Verwendung dieser neuen Erkenntnisse zum Nachteile oder zum Wohl der Menschheit ist auf vielerlei Weise möglich. An dieser raschen Entwicklung ist der europäische Kontinent – und insbesondere die Schweiz – in einem relativ kleinem Masse beteiligt. Nach Ansicht vieler Fachleute ist eine Voraussetzung für eine fruchtbare Aktivität auf diesem Gebiete eine gemeinsame Anstrengung der medizinischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten.»

Am 18. März 1963 schrieben die Dekane Eichler (Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) und Schuppli (Medizinische Fakultät) ein Memorandum an die Kuratel. Es folgten Planungsarbeiten in beiden Fakultäten und im Mai 1965 war das Grobkonzept durch beide Fakultäten genehmigt, das eine erste Definition des Biozentrums enthielt:
«Unter Biozentrum wird eine Aggregation von Instituten verstanden, welche biologische Fragestellungen mittels exakter, naturwissenschaftlicher Methoden behandelt. Durch die räumliche Nachbarschaft soll eine enge geistige Verbundenheit der Institute geschaffen werden». Zudem wurde ausgeführt, dass sich das Biozentrum im Wesentlichen der Grundlagenforschung und der Studentenausbildung zu widmen habe. Für die weitere Planung wurde ein Kuratorium unter dem Vorsitz von Arnold Schneider geschaffen, dessen Mitglieder aus der medizinischen und naturwissenschaftlichen Fakultät kamen. Dieses Kuratorium begleitete das Biozentrum bis zur vollständigen Integration des Instituts in die Universität im Jahr 1978.