Der «Basler Bürgerspitalskandal» der 1960er Jahre

Das Spital-Projekt kam ab 1946 nur noch schleppend voran, da die Planung der 3. Bauetappe (Umbau des alten Spitals) insgesamt 15 Jahre dauerte.

Schuld an den Verzögerungen waren unter anderem Fehleinschätzungen bezüglich gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung nach Kriegsende sowie die Annahme, dass die im Jahre 1940 erreichte Bettenzahl die Bedürfnisse der Bevölkerung noch für längere Zeit abdecken würde. Die Nachkriegszeit bescherte der Schweiz jedoch eine ausgeprägte Hochkonjunktur, die durch den Geburtenanstieg und Migration zu einem Bevölkerungswachstum führte. Der ursprünglich geplante Umbau des alten Spitals wurde daher von der Baukommission fallen gelassen.

In der Folge favorisierte die Kommission stattdessen eine Hochhauslösung. Insgesamt sollten in diesem Neubau 945 Betten, 7 Polikliniken, 5 neue Klinikabteilungen und 3 weitere Abteilungen untergebracht werden. Der für die Kreditvergabe zuständige Bürgerrat war von dem Projekt jedoch wenig begeistert. Die Mitglieder befürchteten, dass das 64 Meter hohe Gebäude das Stadtbild von Basel verändern würde und die geplante Konzentration von insgesamt 2'000 Betten auf einen so engen Raum zu einen unpersönlichen Massenbetrieb führen könnte. Das Anliegen des Bürgerrates kam im Brief vom 4. Mai 1956 klar zum Ausdruck:

«Mit diesem Beschluss hat die bürgerrechtliche Legislative unmissverständlich ihren Willen bekundet, dass - bevor ein definitives Hochhausprojekt vorgelegt werde - andere Möglichkeiten geprüft werden müssen, wie den allseits als berechtigt anerkannten Raumbedürfnissen des Bürgerspitals Rechnung getragen werden könne.»

1958 wurde daher das Betten- und Raumprogramm zusammen mit den Chefärzten des Bürgerspitals überarbeitet und von 2'000 auf 1'065 Betten reduziert, was zu einer Einsparung von drei Hochhausgeschossen hätte führen können. Die Architektengemeinschaft verfolgte das ursprüngliche Hochhausprojekt dennoch weiter und legte noch im Mai 1958 konkrete Pläne mit einem Modell 1:200 für ein 19-geschossiges Hochhaus mit 480 Betten sowie einer Baukostensumme von 80 Millionen Franken vor. Im April des Jahres 1960 schliesslich legten die Architekten der Baukommission die endgültigen Vorschläge betreffend 3. Bauetappe vor.

In den folgenden Monaten verhärteten sich jedoch die Fronten, da der Druck aus der Öffentlichkeit, die wirksame Massnahmen gegen die Spitalbettennot verlangte, immer mehr zunahm. Zu Beginn des Jahres 1960 lancierte der Landes-Ring Basel-Stadt (LdU) eine Volksinitiative. Unerwartete Schützenhilfe erhielt dabei der LdU vom Chefarzt der dermatologischen Klinik, Professor R. Schuppli. Schlussendlich legte die Architektengemeinschaft 1961 ein generelles Neubauprojekt vor. Über dieses neue Projekt wurden Regierungsrat und Bürgerrat im Februar 1962 orientiert. Inzwischen wurde aber auch der Abstimmungskampf hinsichtlich der im Jahre 1960 lancierten Volksinitiative intensiv geführt. Die Vorlage wurde schliesslich am 1. Februar 1964 im Kanton und in der Bürgergemeinde gutgeheissen.

Im Zusammenhang mit der 3. Bauetappe der baulichen Umgestaltung des Basler Bürgerspitals wird auch immer wieder vom «Basler Bürgerspitalskandal» gesprochen: Die Baukommission plante eigenmächtig und um den Widerstand gegen die Neubauvorlage zur 3. Bauetappe ausschallten zu können, griffen Spital- und Regierungsbehörden zu autoritären Methoden (falsche Aussagen, nicht gehaltene Versprechen). Und nachdem das Vorhaben von der Mehrheit des Volkes gutgeheissen wurde, konnte mit dem Bau dennoch nicht begonnen werden, da die Spitalplanbehörden noch drei weitere Jahre weiterplanten. 1967 kam es durch einen Baustopp zudem zu weiteren Verzögerungen. Am Ende verzichtete man gar auf das geplante Bettenhochaus und das Chronischkrankenhaus. Die anderen Gebäude (Pathologisch-anatomisches Institut und Ökonomiebau) konnten dann im Jahre 1979 endlich in Betrieb genommen werden.