Vielfalt der Institute und Gemeinsamkeit der Abteilung. Die Basler Chemie seit den 1980er Jahren

In den 80er Jahren wurde die Chemie an vier verschiedenen Standorten der Universität doziert. Am Institut für Anorganische Chemie (Spitalstrasse 51)wurden die allgemeine und anorganische Chemie für die HauptfachchemikerInnen, für die Studierenden der Medizin, der Pharmazie, der Biologie und für NebenfachkandidatInnen gelehrt. Speziell die Grundvorlesung und die Praktika stellten ein grosses Pensum für die Dozierenden an diesem Institut dar. Gerade um die Ecke am Institut für Organische Chemie (St. Johanns-Ring 19) wurden die HauptfachchemikerInnen und die PharmazeutInnen in den verschiedenen Sparten der organischen Chemie (Synthese, Analyse, Naturstoffe, usw.) unterrichtet. Die physikalischen und theoretischen Aspekte der Chemie wurden den Studierenden am Institut für Physikalische Chemie (Klingelbergstrasse 80) dargeboten. Schliesslich unterrichtete man am Institut für Farbenchemie (St. Johanns Vorstadt 10) die Chemie der Aromaten und Heterocyclen, die als Ausgangsprodukte für die Herstellung vieler organischer Farbstoffe dienen.

Diese vier Institute waren relativ unabhängige Verwaltungseinheiten, die von einem Institutsvorsteher geleitet wurden. Sie hatten ein eigenes Budget für Stellen, Unterricht und Forschung. Nur für die Koordination des Unterrichts und für Fragen des Studienplans sprachen sich die vier Vorsteher ab, so dass für die Studierenden ein abgeschlossener Studienplan entstehen konnte. Der Inhalt der Vorlesungen, das Gewicht der Gebiete, die gelehrt wurden, die Anstellung von Assistenten und die Finanzen wurden aber vom Institutsvorsteher in eigener Regie bestimmt und kaum jemand wagte sich in das Gebiet des anderen einzumischen. Neben dem Vorsteher (Inhaber des Lehrstuhls) waren auch noch einige a.o. Professoren und Privatdozenten im Unterricht tätigt und deckten damit weitere Spezialgebiete der Chemie ab.

In den 80er Jahren wurde speziell von den jüngeren Dozenten, die immer mehr wichtige Aufgaben im Unterricht und in der Forschung zu erfüllen hatten, ein zunehmend stärkerer Druck ausgeübt, auch aktiv an den Entscheidungen teilnehmen zu können. Gleichzeitig realisierte man, dass die Anschaffung teurer Messinstrumente nicht mehr von einem einzigen Institut bestritten werden konnte, sondern dass man gemeinsam und im gegenseitigen Einverständnis mit den anderen Instituten solche Geräte kaufen musste. Dies führte dann zu Bildung der «Provisorischen Abteilung Chemie», eine für unsere Universität neuartige Institution, die auch vom Rektorat als Pilotprojekt mit Interesse verfolgt wurde. International war die Idee der Abteilung nicht neu, denn an vielen amerikanischen und englischen Universitäten waren die Chemie und auch die anderen naturwissenschaftlichen Fächer in Departments organisiert.

Das oberste Organ der Abteilung war die Abteilungsversammlung, dem alle vollamtlichen Dozenten, sowie Vertreter der Assistierenden und Studierenden angehörten. Der Abteilungsleiter wurde demokratisch gewählt und leitete die Geschäfte der Abteilung. Wichtige Aufgaben waren die Koordination der Studienpläne, die Verteilung der Assistierenden in die verschiedenen Praktika und die Planung bei der Anschaffung von neuen Geräten. Die Finanzen blieben aber bei den Instituten und unter der Kontrolle der Institutsvorsteher. In dieser Zeit hatten viele von mit Mitarbeitenden die Gelegenheit zu erfahren, wo die Probleme eines solchen Systems lagen. Während man früher bei der Anschaffung eines Geräts oder bei der Verteilung von Assistentenposten nur den Institutsvorsteher überzeugen musste, war man mit der Abteilung in einer ganz anderen Position: man musste die Mehrheit der Abteilungsmitglieder für das Projekt gewinnen und das war nicht immer sehr einfach. Auf der anderen Seite wurden dadurch Schwerpunkte gebildet, die für die weitere Entwicklung des Faches wichtig waren.

Von der «Provisorischen Abteilung» zum Departement
In den 90er Jahren fand eine altersbedingte Umstrukturierung der Abteilung Chemie statt. Mit der Emeritierung von Prof. C. Grob im Jahre 1989 wurde auf den Lehrstuhl für organische Chemie Prof. B. Giese, dessen Forschungsgebiet die bioorganische Chemie ist, gewählt. Durch die Emeritierung von Prof. E. Heilbronner wurde der Lehrstuhl für physikalische Chemie frei und 1991 mit Prof. J. P. Maier wieder neu besetzt. Das Arbeitsgebiet von Prof. Maier beinhaltet spektroskopische Studie in der Gasphase. Als Nachfolger von Prof. S. Fallab wurde 1993 Prof. E. Constable auf den Lehrstuhl für Anorganische Chemie berufen. Seine Forschungsinteressen liegen in der Supramolekularen Chemie, ein Gebiet, das sich zwischen der anorganischen, organische und biologischen Chemie situiert und somit fachübergreifend ist. Neu besetzt wurde auch im Jahre 1993 nach der Emeritierung von Prof. C. Tamm der zweite Lehrstuhl für organische Chemie durch Prof. A. Pfaltz, der zwischen 1995 und 1999 Direktor des Max-Planck Instituts für Kohlenforschung war, aber dann wieder nach Basel zurückkehrte. Prof. A. Pfaltz beschäftigt sich mit der Entwicklung von selektiven Katalysatoren.

Nach der Emeritierung von Professor H. Balli im Jahre 1993, wurde beschlossen das Institut für Farbenchemie aufzulösen und die Ressourcen sowie teilweise das Personal auf das Departement zu transferieren. Die Chemie der Aromaten und Heterocyclen, die Bestandteile der Lehre waren, wurden als Gebiet in die Lehrveranstaltungen der organischen Chemie integriert, so dass der Lehrstuhl nicht mehr besetzt wurde. Dadurch fand auch eine Konzentration der Chemie dorthin statt, wo sich die anderen drei Institute befinden. Im ehemaligen Institut für Farbenchemie an der St. Johanns-Vorstadt 10 ist jetzt der Bereich Natur-Landschafts- und Umweltschutz (NLU) untergebracht.

Durch diese Personaländerungen entstand eine neue Struktur, so dass im Jahre 1989 die «Provisorische Abteilung Chemie« in das Departement Chemie umgewandelt wurde. Die Leitung des Departements liegt in den Händen des Departementvorstehers, der von der Departementskonferenz gewählt wird. Obschon die Departementskonferenz, die sich aus Vertretern der Dozenten/innen, der Assistenten/innen, des administrativen und technischen Personals und der Studierenden zusammensetzt, das oberste Gremium ist, werden die meisten Geschäfte für die Ausführung dem Geschäftsleitenden Ausschuss übertragen. Daneben findet man zwei andere Organe, den Forschungsausschuss und den Unterrichtsausschuss, die spezielle Aufgaben in Bereich der Forschung ( Besetzung von Stellen, Anschaffung von Apparaturen, Forschungsschwerpunkte) bzw. des Unterrichts (Gestaltung des Studienplans, Verteilung von Assistentenstelle im Unterricht, Prüfungen) wahrnehmen und den Geschäftsleitenden Ausschuss beraten.

Umstrukturierungen und schwankende Studierendenzahlen an der Wende zum neuen Jahrtausend
Bei der Umstrukturierung wurden vom Universitätsrat (2002), bedingt durch die Einführung des Globalbudgets der Universität, die finanziellen Mitteln des Departements Chemie um 30% reduziert und die Anzahl der vollamtlichen Professuren auf 12 festgelegt, obschon das Advisory Board kurz vorher (1999) in seiner Begutachtung den Status quo als minimale Konstellation für ein erfolgreiches und international kompetitives Departement bezeichnet hatte. Dies führte zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Rektorat und dem Departement, die auch in der Basler Zeitung für Schlagzeilen sorgte. Professor Andreas Pfalz, der 1998 mit der Aufgabe, das Departement weiter auszubauen, nach Basel zurückberufen worden war, gab seinen Rücktritt als Departementvorsteher, da es ihm unter diesen Bedingungen nicht möglich schien, das Departement weiter zu entwickeln.

Ein zweiter grosser Umstrukturierungsschub entstand durch die Emeritierungen der Professoren Helmut Sigel (2003), Thomas Kaden (2004) , Andreas Zuberbühler (2005), Urs Séquin (2006), Michael Oehme (2006), Hansjakob Wirz (2007), Wolf Woggon (2007) und Hanspeter Huber (2008) , durch die Wegberufung der Professorin Katharina Fromm an die Universität Freiburg (2006), durch die Beförderung der Professorin Helma Wennemers (2004) und des Professors Markus Meuwly (2006), sowie durch die Berufungen der Professoren Wolfgang Meier (2003), Marcel Mayor (2005) und Thomas Ward (2007). Ende 2009 zählte das Departement Chemie 14 Professoren/innen, eine NF Professur und 2 Habilitanden.

Während den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der Chemiestudierenden unterschiedlich entwickelt. Dies kommt einerseits daher, dass in der Philosophisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät neue Studiengänge, wie Nanowissenschaften und Naturwissenschaften, eingeführt worden sind und die eine bedeutende Zahl von Anfängern aufweisen können. Anderseits gehörte das Chemiestudium Ende der 90er Jahre nicht zu einer der Ausbildungen, die erste Priorität bei den Maturanden hatte. In der Chemie wurde das Bild durch Umstrukturierungen in den grossen Basler Firmen weiter getrübt. Dies führte manchmal zu vorübergehenden Einstellungs-stopps. Es war zwar selten so, dass jemand nach dem Studium für längere Zeit keine Stelle fand, aber wählerisch durfte man nicht sein. Wie Abbildung 5 zeigt, hat sich aber die Zahl der immatrikulierten Chemiestudierenden in den letzen Jahren wieder erholt und fast verdoppelt. Die Zahl der Chemiestudierenden scheint klein in Vergleich zur Zahl der Dozierenden, doch ist zu berücksichtigen, dass das Departement Chemie neben den Hauptfachchemikern/innen auch noch Dienstleistungen für eine grosse Zahl von Nebenfächern liefert.

So werden die Pharmaziestudierenden während drei Semestern in anorganischer, analytischer und organischer Chemie, die Studierenden der Biologie, der Physik und der Nanowissenschaften während zwei Semestern in den gleichen Teilgebieten ausgebildet. Dies stellt eine zusätzliche grosse Leistung des Departements in der Lehre dar, die zeitlich und organisatorisch bewältigt werden muss.

Trotz all den Sparmassnahmen, Änderungen und Umstrukturierungen der letzten 20 Jahre hat die Chemie an der Universität Basel ihre Aufgaben in Lehre und Forschung, auch dank der finanziellen Unterstützung der chemischen Industrie, immer erfüllen können. Dies wird mit der heutigen Konstellation der Dozierenden und der Schwerpunktsetzung der Spezialgebiete sicher auch in der Zukunft der Fall sein.