Die Diskussionen um die Verstaatlichung des Schweizerischen Tropeninstituts

Die Diskussionen um den in den Quellen auftauchenden Begriff der «Verstaatlichung» des Tropeninstituts, d.h. um seine Eingliederung in die Universität, griffen schon bald nach der Institutsgründung um sich. Ihr Hintergrund bildeten finanzielle Überlegungen und insbesondere die Situation der Klinik Sonnenrain, die stets unterbelegt war und an deren Erhalt kaum jemand mehr so richtig glauben wollte.


Das Tropeninstitut lebte als öffentlichrechtliche Anstalt von den Subventionen des Kantons und hauptsächlich durch Zuwendungen der Privatindustrie. Der Bund hatte seinen Beitrag an das Tropeninstitut zugunsten der «Entwicklungshilfe» über die Jahre nur geringfügig erhöht und der Nationalfonds übte in der Beitragsleistung grösste Zurückhaltung, ging es ihm doch um die Unterstützung von «reinen» Forschungsaufgaben und nicht um den Erhalt eines wissenschaftlichen Instituts, dessen vielfältige Tätigkeiten den Bereich der Forschung überstiegen. Genau diese Vielseitigkeit war das eigentliche Problem, denn das STI schien in sich nicht ohne weiteres in irgendeine Fakultät der Universität einzufügen.

Für Adolf Portmann war schon 1958 klar, dass eine Eingliederung des STI in die Zoologische Anstalt nicht in Frage käme: "Das Tropeninstitut ist seiner ganzen Anlage nach, wie bereits erwähnt, so vielseitig gerichtet, und es sind ihm so viele praktische Aufgaben überwiesen, dass es unmöglich ein Annex irgend eines Universitätsinstituts sein könnte, zudem steht es in seiner Thematik ja ausgesprochen zwischen den verschiedenen Fakultäten. Ich spreche im folgenden nur von den Aspekten, über die ich mir ein Urteil erlauben darf. Das Tropeninstitut hat ja auch noch andere Aktivitäten, welche für das Ganze der Universität von Bedeutung sein können. Ich denke hier z.B. etwa an Probleme der Völkerkunde, ebenso an solche der vergleichenden Sprachforschung, der chemischen und physikalischen Technologie. Durch das Tropeninstitut sind auch auf mehreren wissenschaftlichen Gebieten Testuntersuchungen und Gutachtertätigkeit nötig geworden, die im Kontakt mit der Universität durchgeführt werden."

Auch für Rudolf Geigy war die Integration des STI an eine Fakultät nicht realistisch. Sein Ziel war es, die finanzielle Basis des Instituts und somit seine Zukunft zu sichern, und er optierte für die Schaffung eines «interfakultären Instituts» weil das STI nur auf diesem Weg die Referenzfunktion für die ganze Schweiz erhalten konnte. Die langwierigen Verhandlungen mit den Vertretern des Erziehungsdepartements, der Hochschulkonferenz, des Wissenschaftsrates und der Universität brachten dann schliesslich den Durchbruch und die Anerkennung des STI als eine unterstützungsberechtigte Institution nach Artikel 3 des Hochschulförderungsgesetzes. Die neue Verordnung vom August 1978, welche auf jene aus dem Jahr 1951 folgte, machte dann auch deutlich, dass sich am rechtlichen Status des STI nichts änderte.

Diese Lösungsvorschläge, die in Amtstuben und politischen Gremien entwickelt, in verbindliche Verträge übersetzt wurden, verstellen den Blick auf eine Praxis des Neben- und Miteinanders, die auch nach dem Rücktritt von Rudolf Geigy intensiv gelebt wurde. Die Universität hatte auch Thierry Freyvogel, dem Nachfolger Geigys an der Spitze des Tropeninstituts, die Rechte eines ausserordentlichen Professors verliehen. Freyvogel hatte nicht nur wie Antoine Degrémont nach ihm, zahlreiche Lehrveranstaltungen an der Universität abgehalten. Unter seiner Leitung hatte sich das Tropeninstitut auch eine Zeit lang intensiv um die Zoologische Anstalt bemüht und die Ausbildung von jungen Zoologen an die Hand genommen.

In den 1990 Jahren hatte die Zusammenarbeit zwischen dem Tropeninstitut und der Universität einen weiteren Schub erfahren. Die Lehrleistungen des STI an die Curricula der Biologie, Medizin und MA-African Studies nahmen stetig zu und die Anzahl der am STI wirkenden Privatdozenten und Titularprofessoren stiegen von ursprünglich vier auf 19. Im Jahr 1992 konnte das Tropeninstitut das interfakultäre Promotionsprogramm in Epidemiologie auf Phil II-Ebene einrichten. In der Folge wurde Marcel Tanner, der heutige Leiter des Tropeninstituts, zum ausserordentlichen Professor ernannt. Mit dem neuen Universitätsstatut aus dem Jahre 1997 wurde Tanner in die Kategorie 1 der Professoren aufgenommen und konnte deshalb von 2002 bis 2004 im Amt eines Dekans der Universität Basel wirken. 2007 wurde ihm der Titel eines ordentlichen Professors verliehen.

Aus diesem Jahr stammt auch der Vertrag zwischen dem Tropeninstitut und der Universität, der im Sinne einer Leistungsvereinbarung die Situation des Instituts als assoziiertes Institut der Universität Basel regelt, insbesondere was die Lehrleistungen für die naturwissenschaftliche, die geisteswissenschaftliche und die medizinische Fakultät angeht. Den Status und die Rolle des Tropeninstituts stellt heute niemand mehr in Frage. Aus dem Nebeneinander, welches die Beziehung zwischen dem Institut und der Universität in den Anfangsjahren zuweilen prägte, ist eine intensive Zusammenarbeit erwachsen. Das Tropeninstitut ist heute bei allen wichtigen Initiativen, Kompetenzzentren der Universität Basel (Makroschwerpunkten Life Science und Kultur) mit einer gewichtigen Stimme vertreten. Als neuestes Beispiel für diese Zusammenarbeit sei hier lediglich noch die Tatsache angefügt, dass die Medizinische Fakultät der Integration des Instituts für Sozial und Präventivmedizin (ISPM) in das Tropeninstitut ab Juni 2009 zustimmte und die Universität in der Folge das Budget des ISPM verdoppelte.