Medizinische Zoologie und Parasitologie am Schweizerischen Tropeninstitut

Die medizinische Zoologie war über lange Jahre das Hauptbetätigungsfeld des Schweizerischen Tropeninsituts. Dies hatte vor allem mit dem wissenschaftlichen Hintergrund Rudolf Geigys  zu tun.


Geigy wurde 1902 in eine reiche Basler Industriellenfamilie hineingeboren. Entgegen der Wünsche seines Vaters, des Chemikers Johann Rudolf Geigy-Schlumberger, und entgegen althergebrachter städtischer Tradition opferte er eine sichere unternehmerische Karriere in der J. R. Geigy AG zugunsten eines Studiums der Zoologie, das er 1931 mit einer Dissertation beim Entwicklungsphysiologen Emile Guyénot in Genf abschloss. Geigy war nach seiner Rückkehr nach Basel Assistent an der Zoologischen Anstalt in Basel, der seit 1933 der Zoologe Adolf Portmann vorstand. 1938 wurde Geigy zum ausserordentlichen Professor der Universität Basel ernannt, 1953 wurde ihm Titel und Rechte eines ordentlichen Professors verliehen und 1962 war Geigy Rektor der Universität.

Geigys wissenschaftlicher Zugang zur Zoologie war ein grundsätzlich andere als derjenige Portmanns. Während sich letzterer dafür einsetzte, dass man nicht nur wie «Schatzgräber das Wertvollste in irgendeiner dunklen Tiefe wittern» sollte und sich auf eher philosophischem Wege dem Verhältnis von Tiergestalt und «Innerlichkeit» über die Anschauung näherte, hatte sich Geigy immer wieder als Schatzgräber versucht und sich mit Hilfe des Experiments ins Innerste der Organismen vorgewagt. Geigy arbeitete in der Tradition der Entwicklungsmechanik eines Wilhelm Roux, der das Experiment einst zum Königsweg wissenschaftlichen Forschens erhoben hatte. Nur mittels des Experiments liesse sich die Natur zwingen, auf die Fragen der Menschen eine befriedigende Antwort zu geben.

Diese Unterschiede zwischen Geigy und Portmann, zwischen einer «funktionalistischen» und einer «historischen» Biologie prägten insgesamt den biologischen Diskurs in der Schweiz der 1950er Jahre. Während die funktionalistische Biologie danach fragt, wie gewisse Eigenschaften vererbt werden oder wie ein Organismus physiologisch funktioniert, beschäftigt sich die historische Biologie eher mit den Fragen, warum neue Arten entstehen oder warum sich Ökosysteme verändern. Die Biologen in der Schweiz hatten sich vergleichsweise spät einer funktionalistischen Biologie zugewandt. Das hatte hauptsächlich damit zu tun, dass sie sich lange eher nach Deutschland ausrichteten und Fragestellungen, die insbesondere in der angelsächsischen Welt relevant wurden, vergleichsweise spät antizipierten. Dennoch sind gewisse regionale Unterschiede zu verzeichnen. So war die Romandie schon früher empfänglich für solche Fragestellungen, als man dies auch für die deutschsprachige Schweiz behaupten könnte.

Geigy hatte mit seinem Interesse für die Erreger und Überträger tropischer Krankheiten den Einstieg in die Mikrobiologie gefunden. Von einer institutionellen Perspektive aus betrachtet, hatte sich das Tropeninstitut somit zwischen der Zoologischen Anstalt und der Medizinischen Fakultät positioniert. Die physische Distanz zur Zoologischen Anstalt wurde dann auch etwas grösser. Hatte man in den ersten Jahren noch unter gemeinsamen Dach am Rheinsprung gearbeitet, so wurde es darunter in der Folge bald zu eng. Nicht zuletzt die Sammlung zahlreicher Forschungsobjekte, darunter eine Kolonie von 500 Tsetsefliegen aus Afrika, liessen einen Umzug in eine eigene Liegenschaft, die von der Industrie grosszügig unterstützt wurde, unumgänglich erscheinen.