Von der Stiftung MGU zum interfakultären Master in Sustainable Development
Am 1. November 1986 ereignete sich der Chemiebrand in Schweizerhalle. Unter dem Eindruck dieses Ereignisses wurden auch viele Universitätsangehörige auf die «Spezialisierungsproblematik» aufmerksam. Für die Analyse und Bewältigung von «Mensch-Gesellschaft-Umwelt-Problemen» muss der disziplinäre Ansatz versagen, sind doch offensichtlich sowohl natur- wie gesellschaftswissenschaftliche Aspekte darin enthalten.
Als direkte Folge ergriffen studentische Vertreter in der Regenzkommission die Initative. Sie forderten, dass die Universität ihren Beitrag zur Bewältigung der gesellschaftlichen Unsicherheit und Angst, die «Schweizerhalle» ausgelöst hatte, leiste und ihre Verantwortung als Ausbildungsstätte künftiger Verantwortungsträger und -trägerinnen wahrnehmen sollte. Die Regenz, unterstützt vom Rektor Prof. Werner Arber, entwickelte dazu ein erstes Arbeitspapier. Das Arbeitspapier enthielt die Forderung, dass die Verankerung von interdisziplinärer Lehre und Forschung, das Lernen kommunikativer Fähigkeiten sowie die Verankerung der Ökologie in ihrer umfassendsten Definition an allen Fakultäten und in allen Lehrgängen der Universität Basel eingeführt werden sollten.
Zeitlich etwas früher, in der uni nova Nr. 44/1986, präsentierte der damalige Rektor, Prof. Werner Arber, einen Vorschlag zur Förderung des Verständnisses für Arbeitsweise und Bedeutung wissenschaftlicher Fachrichtungen ausserhalb des eigenen Fachgebietes. Er stellte fest, dass es Dozierenden der Universität gelungen war, mittels Programmen der Volkshochschule und der Seniorenuniversität in einen fruchtbaren Dialog mit einer breiten, wissenschaftlich interessierten Öffentlichkeit zu treten. Mit ähnlicher Zielsetzung, doch verschieden gesetztem Akzent, entwarf der Rektor den Plan, in Zukunft auch allen Studierenden die Gelegenheit zu bieten, Einblick in Wissensgebiete ausserhalb des eigenen Studienfachs zu erhalten. Damit sollte der interdisziplinäre Dialog geschult werden.
Angestrebt waren Lehrveranstaltungen, die sich bewusst an fachfremde Studierende richten. Das in einem derartigen, in den Worten Arbers, transdisziplinären Unterricht vermittelte Wissen sollte zum besseren Verständnis fachfremder Disziplinen beitragen. Im Wintersemester 1987/88 wurde dann erstmals ein Zeitfenster von zwei Wochenstunden am Dienstagnachmittag an der Universität dafür reserviert, dass Studierende und Assistierende im Rahmen eines transdisziplinären Lehrangebotes ihnen fremde Fachbereiche kennenlernen konnten. Die verantwortlichen Gremien der Universität – Rektorat und Regenzkommission – reagierten damit auf die eingangs beschriebene Problemlage der Aufsplitterung und Spezialisierung der Wissenschaften, die nicht zuletzt auch die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachgebieten zunehmend schwieriger gestaltete.
Zur weiteren Konkretisierung dieser Ideen und zur Ausarbeitung von entsprechenden Strukturmodellen wurde eine «Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Mensch-Gesellschaft-Umwelt» (MGU) im Dezember 1986 gegründet. In der Gruppe arbeiteten Studierende, Assistierende, Dozierende und universitätsexterne Fachleute zusammen. In zwei Untergruppen wurde einerseits die Idee zur Schaffung eines universitären «Instituts» und andererseits die Einrichtung eines «Arbeitsnetzes», als eine flexible Vorstufe zur Schaffung eines solchen Instituts konkretisiert. Eine dritte Gruppe erstellte ein Inventar aller bereits vorhandenen umweltrelevanten und/oder interdisziplinär ausgerichteten Lehrveranstaltungen und Forschungsarbeiten an der Universität. Schliesslich wurde auf dieser Grundlage ad-hoc die Schaffung einer ersten paritätisch aus Dozierenden, Assistierenden und Studierenden zusammengesetzte Regenzkommissision an der Universität Basel beschlossen.
Im Sommer 1987 erarbeitete diese Kommission unter Berücksichtigung ähnlicher Aktivitäten an anderen schweizerischen Universitäten den «Bericht der Regenzkommission MGU über den Ausbau von Lehre und Forschung im Bereich Mensch-Gesellschsft-Umwelt». Der Bericht schlägt vor, eine zentrale Koordinationsstelle – wie sie auch die Schweizerische Hochschulkonferenz für jede Schweizerische Universität forderte – einzurichten, die interdisziplinäre Projekte im Bereich Lehre und Forschung anregt und fördert, sowie eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit realisiert. Die Kosten wurden auf jährlich 2,3 Mio. Franken veranschlagt. Im Dezember 1987 verabschiedete die Regenzkommission den Bericht einstimmig.