Gratulationen und Geschenke
Glückwünsche und Geschenke gehören zu Geburtstagsfeiern. So nahm die Universität zu ihrem 500. Jubiläum zahlreiche Gratulationen und Geschenke entgegen, unter vielen anderen die Spende zur Gründung eines «Fonds zur Förderung von Lehre und Forschung». Geschenke erhalten die Freundschaft: Die öffentliche Geschenkübergabe war einerseits ein Akt der rituellen Beziehungspflege und bot andererseits die Gelegenheit, sich als Spender und Schenker öffentlich in Szene zu setzen.
Die feierliche Übergabe von Geschenken ist ein historisch und geografisch weit verbreitetes Ritual, das bei festlichen Anlässen wie Geburtstagen und Jubiläen gerne zelebriert wird: Der jubilierende Gastgeber darf im Verlauf der Feier Gratulationen und Geschenke seiner Gäste und Freunde entgegennehmen. Geschenkkultur ist ein wesentlicher Bestandteil von Jubiläumsfeierlichkeiten, der sowohl beim privaten Feiern von Geburtstagen oder Ehejubiläen wie auch im Rahmen institutioneller Jubiläumsfeiern zelebriert wird.
Die Basler Universität hatte auch 1760 und 1860 zu ihren hundertjährigen Jubiläen Geschenke empfangen und im Gegenzug im Verlauf der Jahrhunderte als Gast bei auswärtigen Universitätsjubiläen Geschenke überreicht. Bereits bei der 400-Jahr-Feier hatte die Übergabe der Geschenke, unter anderem die Stiftung einer Sternwarte durch eine Gruppe wohlhabender Bürger, grosse Beachtung gefunden. Zum Fest des halben Jahrtausends waren nun derart grosse und zahlreiche Geschenke in Aussicht gestellt worden, dass man sich nicht scheute, für die «Entgegennahme der Gratulationen und Geschenke» eine eigene Veranstaltung in der Basler Kongresshalle durchzuführen, die ganze drei Stunden dauern sollte. Die Übergabe von Geschenken und Gratulationen hatte Huldigungscharakter und stellte einen Akt der ritualisierten Beziehungspflege zwischen der Universität und ihren Freunden dar: Der Austausch von Geschenken, Gruss- und Dankesworten festigte die freundschaftlichen Beziehungen.
Übergabe der Gratulationen und Geschenke in der Basler Kongresshalle
Die Festgäste und Studierenden hatten in der Halle Platz genommen, als der Basler Regierungsrat in corpore und die akademischen Würdenträger aus Basel sowie der geladenen Orte unter dem eigens zum Anlass komponierten Orchestermarsch in den Saal schritten. Daraufhin nahmen der Regierungsrat, die Rektoren und Dekane an einem erhöhten Tisch Platz. Bereits dieser Einzug hatte ein «ungewohntes Schauspiel» abgegeben und das Publikum in Bewunderung für «das festliche Schwarz, die bunten Talare, die verschiedenen Barette, die goldenen Ketten, die Sickereien, die Hermeline» versetzt. Und es ging in gleicher Weise feierlich weiter: Nach der Begrüssungsansprache des Regierungsrates Dr. Peter Zschokke wurden die Gratulationen überreicht. Als Erstes wurde ein lateinisches Grusschreiben von Papst Johannes XXIII. verlesen, an welches sich weitere Grussworte der Schweizer und auswärtigen Hochschulen, von gelehrten Gesellschaften, persönlich geladenen Gästen und die Verlesung schriftlich eingegangener Gratulationen reihten.
Noch bevor man bei der Übergabe der Geschenke angelangt war, füllte sich der «lange Geburtstagstisch der Alma mater Basiliensis» mit den «geschmackvoll gebundenen oder gerollten Adressen», hält der Festbericht fest. Prorektor Paul Huber, der nun das Wort ergriff, kündigte die Zeremonie der Geschenkübergabe mit den Worten an, die vielen Geschenke an die Universität sprächen für die «Wertschätzung, derer sich die Universität Basel erfreue» und zeugten von «grösster Sorgfalt und bewunderungswürdiger Einfühlungskraft». Er brachte die Vielfalt der reichen Gaben treffend mit der Beschreibung auf den Punkt, es handele sich dabei von «Festschriften, wertvollen Büchern, Bildern und Glasscheiben, Kunst- und Gebrauchsgegenständen» bis hin zur «potenziellen Energie des Bankchecks». In der Tat wurde die Jubiliarin von ihren Gästen und Freunden sehr verwöhnt. Neben befreundeten Universitäten und anderen akademischen Institutionen waren es auch die Zünfte und Gesellschaften, Interessensgruppen und Einzelpersonen, die Geschenke mitgebracht hatten. Im Festbericht füllt die Liste der Geschenke, die auf den Geburtstagstisch getragen wurden, fast zehn Seiten. Wie die Geschenke und Spenden in Echtzeit auf dem Gabentisch ausgebreitet wurden, so wurden sie im Festbericht nochmals ausführlich aufgelistet und mit den Namen der Schenkenden verewigt – und sind so bis in diesen Artikel hinein in Erinnerung.
Die «500-Jahrspende»
Die Übergabe einer Jubiläumsspende im Wert von einer Million Franken durch den Kanton Basel-Landschaft wurde vom Publikum in der Messehalle mit besonderer Aufmerksamkeit registriert. Der Baselländer Regierungspräsident Max Kaufmann dankte der Universität für alles, «was sie im Dienste der Wahrheit und der Freiheit geleistet» hatte und betonte, die Anstalt sei von jeher auch für den Kanton Basel-Landschaft von grosser Bedeutung gewesen. In der aus Pergament angefertigten Urkunde hiess es weiter, Volk und Behörden des Kantons Basel-Landschaft wollten mit ihrer Finanzspritze die «untrügliche Gesinnung» der Universität ehren, die immer auf eine «opferbereite Bürgerschaft und fürsorgende Behörden» des Stadtkantons habe zählen können. Da die finanzielle Sicherheit der Universität um 1960 noch auf sicherem Grund zu stehen schien, empfand man die Spende des Landkantons in Basel zwar als grosszügiges Geschenk, war aber auch der Meinung, dass man auf finanzielle Unterstützung aus Baselland nicht existenziell angewiesen sei. Erst als gegen Ende der 1960er-Jahre die Kosten der Universität rasant stiegen, kam eine kontroverse Debatte darüber in Gang kam, wie sehr der Landkanton als nachbarschaftlicher Nutzniesser der Universität verpflichtet sei, ihren Unterhalt mitzufinanzieren.
Die Spende des Nachbarkantons floss zusammen mit Schenkungen der Basler Chemiefirmen «Ciba AG», «J.R. Geigy AG», «F. Hoffmann-La Roche & CO. AG» und «Sandoz AG» im Wert von insgesamt sechs Millionen Franken und weiteren vom «Komitee für die 500-Jahrspende Universität Basel 1960» gesammelten Spenden aus Bürgerschaft, Gewerbe und Industrie. Insgesamt konnte das Komitee, das bereits drei Jahre vor dem Jubiläum gegründet worden war, 11'195'083 Franken für den neu gegründeten «Fonds zur Förderung von Lehre und Forschung» zusammenführen – einen Betrag, der gemäss seinem heutigen Wert fast achtmal so hoch beziffert werden müsste. Bis heute unterstützt der Fonds, der Eigentum der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft ist und von dieser verwaltet wird, den wissenschaftlichen Betrieb der Universität Basel. Gerade für die grossen Firmen bot eine Beteiligung am Fonds auch die Möglichkeit, als Geldgeber öffentlich in Erscheinung zu treten.
Dass der Aufruf zur Beteiligung an der «500-Jahrspende» so «lebendigen Widerhall» fand, wertete der Präsident des Komitees, Dr. F. Emmanuel Iselin, als «Ausdruck des Bewusstseins der engen Verbundenheit zwischen Hochschule und Öffentlichkeit». Iselin gab aber auch zu verstehen, dass die grosszügige finanzielle Gabe an die Universität ebenso eine wertvolle Investition bedeutete, von der die «Öffentlichkeit», das Gewerbe und die Industrie wiederum profitieren würden. Er führte weiter aus: «Wie die Universität auf unser Gemeinwesen angewiesen ist, so ist und bleibt unser Gemeinwesen angewiesen auf seine Universität. Sie hat ihm zu allen Zeiten ihres 500-jährigen Bestehens Theologen, Richter und Anwälte, Ärzte und Lehrer sowie Angehörige anderer Berufe geschenkt, und sie hat im weiteren [...] beigetragen zur Schaffung der Grundlagen, auf denen unsere Wirtschaft ruht.» Mit diesen Worte brachte Iselin die Idee einer Wechselseitigkeit des Schenkens auf den Punkt: Die Universität hatte der Stadt bereits bedeutende und gelehrte Personen «geschenkt» und war es nun zu ihrem 500-Jahr-Jubiläum ihrerseits, die Geschenke empfangen durfte.