Geschichte 1659 bis 1887
Lange stand der einzige Lehrstuhl für Geschichte ganz im Zeichen praxisbezogener staatsbürgerlicher Bildung.
1659 wurde er als Element der Kameralwissenschaften eingerichtet, die der Ausbildung in Staatsverwaltung dienten. Ganz in diesem Sinn widmete man ihn im Rahmen der 1818 erfolgten universitären Neuorganisation zusätzlich der «Statistik» als eigentlicher «Staatszustandswissenschaft». 1835 war wiederum nur von einem Lehrstuhl für «Geschichte» die Rede.
Bereits im 18. Jahrhundert wurde auf Initiative von Johann Rudolf Iselin und später seines Neffen Isaak Iselin der Ruf nach einem zweiten Lehrstuhl laut, der insbesondere die Schweizer Geschichte in Verbindung mit der europäischen Geschichte pflegen sollte. Diese Forderung verdankte sich zunächst dem zeitgenössisch innovativen Ruf nach Förderung eines gesamtschweizerischen Patriotismus: Der Einsatz für Staat und Gemeinwohl sollte auf die Füsse einer besonders auch verfassungsrechtlichen Kenntnis der Geschichte des Gemeinwesen gestellt werden. Im Verlauf des Jahrhunderts wurde diese Forderung überdies am Ideal des aufgeklärten Staatsbürgers ausgerichtet. Ausserdem war die Rede von einem Lehrstuhl für die «Geschichte der Gelehrtheit», einer Wissenschaftsgeschichte avant la lettre. All diesen Initiativen war wenig Erfolg beschieden.
Jacob Burckhardts Universalgeschichte
So war es weiterhin nur ein Lehrstuhl für Geschichte, auf den Jacob Burckhardt 1861 berufen wurde und den er bis 1886 innehatte. Mit ihm ist die Geschichte des Historischen Seminars eng verbunden, brachte er doch den historischen Lehrstuhl Basels zu internationaler Berühmtheit. Burckhardt nahm wenig an der zeitgenössischen wissenschaftlichen Geselligkeit teil und schuf gerade in diesem eher solitären Dasein und auch in kulturkritischer Haltung zu seiner Zeit ein wegweisendes Werk.
Dies zeigt sich nicht nur darin, dass sein Buch «Die Cultur der Renaissance in Italien» (1860) ein bis heute gültiger Bezugstext der Renaissanceforschung ist. Burckhardt fand überdies zu einer originären und in verschiedener Hinsicht wegweisenden Konzeption des Geschichtlichen: Die von ihm betriebene geistes- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Universalgeschichte verstand Geschichte als das dialektische Wirken von Staat, Religion und Kultur. Als Strukturgeschichte avant l’heure setzte sich diese Konzeption dem Historismus und der Ereignisgeschichte entgegen – ohne dabei das Individuum und geschichtliche Prozesse zu vernachlässigen. In diesem Sinn verpflichtete Burckhardt das Historische Seminar auf eine zugleich universal- und kulturgeschichtliche Richtung.
Modernisierung der Lehre
Nach Burckhardts Emeritierung standen verschiedene Nachfolger zur Diskussion, darunter auch der von seinen Zeitgenossen übergangene, aber später umso nachhaltiger wirkende kulturgeschichtliche Erneuerer Karl Lamprecht. Gewählt wurde Julius von Pflugk-Harttung.
Unter ihm kam es 1887 zu einer Modernisierung der Lehre durch die Gründung des Historischen Seminars. Darunter verstand man die von Leopold von Ranke eingeführte Lehrform, welche die Studierenden in die selbständige Arbeit mit Quellen einführte und die nun mit Verspätung auch in Basel propagiert wurde. Zum «Seminar» gehörten auch die Voraussetzungen eines gemeinsamen Lehr- und Forschungszusammenhanges: eine Bibliothek und ein Raum, zunächst in Form des grünen Zimmers der Lesegesellschaft.
Pflugk-Harttung selbst begleitete diese Neuerungen nicht mehr, musste er doch nach bereits zwei Jahren unter Druck der in Basel erstmaligen studentischen Protestdemonstrationen gegen seine reichsdeutsche Ausrichtung zurücktreten. An seine Stelle trat 1890 der Altphilologe und Armenienspezialist Adolf Baumgartner.
Der emeritierte Burckhardt sah in der nun eingeleiteten Wendung hin zu einem urkundlichen Lehr- und Forschungsbetrieb eng gefasste «Urkunderei». Er selbst hatte denn auch keine Seminare abgehalten und die Einführung in die Forschung dem Direktor der Universitätsbibliothek Wilhelm Vischer-Heussler überlassen. Die Hinwendung zur Quellenarbeit in der Lehre stellte aber ein Aufschliessen mit internationalen Entwicklungen in der Vermittlung des geschichtswissenschaftlichen Metiers dar. In den historischen Hilfswissenschaft sollte sie eine andere Basler Tradition und Stärke begründen.