Die Fakultät als Dienstleister: Juristische Gutachtertätigkeit im 17. Jahrhundert
Auch im 17. Jahrhundert trat die literarische Produktion der Rechtsprofessoren hinter ihrer praktischen Wirksamkeit zurück. Ein Zeichen der zunehmend engen Verbindung zwischen Universität und Stadtpolitik ist darin zu sehen, dass ab 1660 zumeist zwei Angehörige der Juristischen Fakultät das Amt städtischer Rechtskonsulenten (Syndici) übernahmen. Doch ging die praktische Tätigkeit Basler Professoren auch über die Stadtgrenzen hinaus.
Die Aufgabe der Juristischen Fakultät umfasste im 17. Jahrhundert zum einen die Ausbildung angehender Juristen und die Vermittlung des üblichen Lehrstoffes. Zum anderen nahm die Erstellung von Rechtsgutachten immer mehr Raum ein. Die Gutachten sind längst nicht alle erhalten - dass 69 Konzepte allein aus dem Zeitraum von 1685 bis 1700 vorliegen, lässt aber für das ganze Jahrhundert auf eine beträchtliche Zahl schliessen. Die damit verknüpfte Arbeit war erheblich. Nicht nur weil das intensive Studium der Akten Zeit erforderte, sondern auch deshalb, weil zahlreiche Anfragen aus Gebieten stammten, deren Rechtsverhältnissen von den einheimischen deutlich abwichen.
Nicht nur von vielen, auch von weitem gefragt
Von 179 bestimmbaren Handschriften des 17. Jahrhunderts fallen 136 auf das deutsche Reich, zehn auf Schleswig-Holstein, vier auf die Niederlande, eines auf Frankreich, vierzehn auf die Schweiz ausserhalb Basels und nur vierzehn auf die eigene Stadt. Inhaltlich wurde keine zeitsparende Spezialisierung vorgenommen und so deckten die Gutachten beinahe sämtliche juristische Bereiche ab. Behandelt wurden Fragen aus dem Familien-, Erb-, Sachen-, Lehen- und Obligationenrecht, aus dem Zivilprozessrecht, dem Straf- und Strafprozessrecht sowie aus anderen Gebieten des öffentlichen Rechts. Aus der Fülle der behandelten Gegenstände, der Menge der Gutachten sowie aus ihrer unterschiedlichen Herkunft lässt sich schliessen, dass die Fakultät und ihre Professoren in gutem Ansehen standen. Die internationale Ausstrahlung dieser Tätigkeit ging seit der Mitte des 18. Jahrhunderts allerdings deutlich zurück, da man sich auf Basel und seine Umgebung zu beschränken begann.
Überbeanspruchung und Erweiterung der Fakultät
Angesichts der steigenden Zahl von Gutachten und der damit verknüpften Belastung der drei Professoren wurde 1694 eine Erweituerung der Fakultät beschlossen. Neben das «collegium» der drei Professoren traten sogenannte Assessoren, die aus dem Kreis der jüngeren juristischen Doktoren stammten. Ihre Aufgabe war offiziell auf die Diskussion und Ausarbeitung der Gutachten beschränkt. Wenn aber ein Professor bei einer Vorlesung oder Disputation ausfiel, wurde vorzugsweise auf ihre Unterstützung zurückgegriffen. Trotz der auf die Gutachten verwandten Kapazitäten wurde im 17. Jahrhundert eine breite Lehrtätigkeit gepflegt. Auf den drei dem römischen Recht vorbehaltenen Lehrstühlen oder in privaten Vorlesungen wurde zusätzlich kanonisches und öffentliches Recht unterrichtet. Die Präsenz dieser Gebiete an der Universität lässt sich auch an den Titeln der Dissertationen und Promotionsreden ablesen. Zu offiziellen Bestandteilen der Lehre wurden sie hingegen erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts.