Nach der Kantonstrennung: Die Fakultät als Propädeutikum
Die juristische Fakultät sah sich nach der 1833 erfolgten Trennung in zwei Basler Halbkantone vor drei Problemen: An der ganzen Universität war das Geld knapp, weil die Stadt Basel für die Beibehaltung des Universitätsguts hohe Kompensationen an die Landschaft zu leisten hatte. Ferner war der Lehrkörper wie die Studentenschaft nach wie vor auf einem quantitativen Tiefstand. Schliesslich hatten Universität und Fakultät mit den eben eröffneten Universitäten von Zürich und Bern neue Konkurrenz erhalten. Die Folge war eine Beschränkung der Fakultät auf propädeutische Aufgaben.
Im Universitätsgesetz vom 9. April 1835 wurden der Juristischen Fakultät zwei Ziele gesetzt. Zum einen sollten angehende Juristen für ein weiteres Studium an auswärtigen Universitäten vorbereitet werden, zum anderen sollte der Unterricht wie bisher Geschäftsleuten und Beamten offen stehen. Da in Basel jeder gebildete Bürger wichtige Ämter in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung einnehmen konnte, wurde die Kenntnis juristischer Stoffe auch von vielen Nichtjuristen gefordert. Diesen Praktikern sollten insbesondere die Grundlagen des einheimischen Rechts vermittelt werden, die auch jenseits einer akademischen Wirksamkeit von Nutzen waren. Dem begrenzten Aufgabenkreis entsprechend, fiel der Katalog der zu lehrenden Fächer schmal aus. Gelehrt wurde römisches Recht, Criminalrecht, Handels- und Wechselrecht, vaterländisches Civilrecht sowie Civilprozessrecht. Für die Vertretung dieser Disziplinen waren zwei gesetzliche Lehrstühle vorgesehen, deren einem nur ein halbes Pensum und ein halbes Gehalt zukam.
Beschränkte Lehre auf anderthalb Professuren
Die volle Besoldung behielt man dem Ordinarius für römisches Recht vor, da dieses bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Kodifikation des Privatrechts auf Bundesebene einsetzte, den Hauptteil des Studiums bildete. Das halbe Pensum fiel dem Bereich des vaterländischen Rechts zu und umfasste die privat-, straf- und öffentlichrechtlichen Patikularordnungen der Schweiz und insbesondere Basels.
Von 1839 bis 1878 hatte diesen Lehrstuhl Johannes Schnell inne, der Sohn des 1829 verstorbenen Johann Rudolf Schnell. Er las hauptsächlich Schweizerisches Civilrecht und übte während seiner langen Amtszeit auf zahlreiche Schüler einen bedeutenden Einfluss aus. Zudem trat er in der Zeit, als die Frage einer eidgenössischen Centraluniversität debattiert wurde, nachdrücklich für den Erhalt der städtischen Universität ein.
Wege zur Erweiterung
Für eine einzige Person mit einer Lehrverpflichtung von fünf bis acht Stunden war das für den zweiten gesetzlichen Lehrstuhl vorgesehene Gebiet allerdings zu weitläufig. Das Universitätsgesetz sah denn auch die Möglichkeit vor, weiteren Dozenten den Titel eines ordentlichen oder ausserordentlichen Professors zu verleihen und stellte entsprechende Gelder zur Verfügung.
In den Lehrkörper wurde auf diesem Weg auch Andreas Heusler aufgenommen, der sein früheres Ordinariat aufgrund einer Wahl in die Stadtregierung, den Kleinen Rat, hatte aufgeben müssen. Er bot, freiwillig auf sein Gehalt verzichtend, hauptsächlich staatsrechtliche Vorlesungen an. Diese hielt er stets neben seiner Tätigkeit im Kleinen (1831-1847) und im Grossen Rat (1830-1868). Bis zu seinem Tod wirkte er, mit einem Unterbruch in der zweiten Hälfte der 40er Jahre, als Professor, im Jahr vor seinem Tod zudem als Rektor der Universität. Neben seinen Aufgaben in Lehre und Praxis betrieb er eine akademische Forschung, in der er eine Verbindung von Rechts- und Geschichtswissenschaft suchte. 1855 erhielt er für seine Förderung der vaterländischen Geschichte die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät.
Die wohl nachhaltigste universitätspolitische Leistung Heuslers liegt in der von ihm initiierten und 1835 gegründeten Freien Akademischen Gesellschaft (FAG), durch die Drittmittel für zusätzliche Dozenten an der Juristischen wie an anderen Fakultäten akquiriert werden konnten. Mit der Ernennung Johann Jacob Bachofens zum Ordinarius versuchte man 1841 einen weiteren Dozenten zu gewinnen. Doch schon wenige Monate nach seinem Amtsantrittführte führte eine polemische Berichtererstattung in der Presse, die Bachofens Berufung als Akt familiärer Bevorzugung schilderte, zu dessen Verzicht auf Gehalt und Stellung eines ordentlichen Professors. Nachdem die finanzielle Lage des Kantons gebessert hatte, wurde 1855 in einer Revision des zwanzigjährigen Universitätsgesetzes die Einrichtung eines dritten Lehrstuhls auf gesetzlicher Ebene beschlossen. Neben den vollen Lehrstuhl für römisches Recht trat neu eine Professur für deutsches Recht, das auch für die eidgenössische Juristenausbildung als notwendige Grundlage erachtet wurde. Halb besoldet blieb weiterhin die Professur für vaterländisches Recht, die noch immer Johannes Schnell innehatte. Diese Genügsamkeit Schnells ermöglichte nach der Verabschiedung des neuen Universitätsgesetzes von 1866 eine zusätzliche Erweiterung der Fakultät.