Abschied und Aufbruch. Der Neubau der Frauenklinik

Der Neubau der Frauenklinik im Klinikum I des Universitätsspitals wurde im Frühjahr 2003 bezogen.

Die alte Frauenklinik im Areal zwischen Schanzenstrasse, Klingelbergstrasse und Spitalstrasse wurde Anfang des letzten Jahrhunderts als „schönste und besteingerichtete aller Frauenkliniken Mitteleuropas“ bezeichnet. 100 Jahre später konnte das einst so gerühmte Gebäude den Erfordernissen eines rationellen Klinikbetriebes und angemessener medizinischer Standards aber nicht mehr genügen. Ein unpraktischer Grundriss mit einer Vielzahl von Halbetagen, zu hohe Räume, unzeitgemässe sanitäre Einrichtungen, weiträumige Trennungen zwischen den einzelnen Abteilungen und schliesslich der unvermeidliche Zahn der Zeit, der an dem Altbau nagte, machten den Abschied von den Gebäuden notwendig. 

Beim Auszug aus der Klinik sahen aber nicht Wenige auch mit Wehmut auf das verlassene Gebäude, in dem über mehr als 100 Jahre viele Zehntausend gynäkologische Patientinnen behandelt und weit über 200000 Kinder geboren wurden. Das „Fraueli“, wie die Klinik im Basler Volksmund genannt wurde, war nicht nur ein Krankenhaus, es war als Institution ein nicht wegzudenkender Teil der Stadt Basel. In der Tat nahm das alte Areal mit seiner Aura viele Mitarbeiter und Besucher für sich ein. Zahlreiche Einzelheiten der Ausstattung, wie die Nachtglocke, das in der Eingangshalle befindliche Wandbild „La joie de vivre“ von Hans Stocker, die alte Villa und der Innengarten mit seinem Brunnen und „Lucie“ (eine vom Künstler Dani Geser geschaffene mit Efeu überwachsene Skulptur in der Form einer liegenden schwangeren Frau) trugen zu seinem unnachahmlichen Charme bei. Mit dem Auszug aus den alten Gebäuden ging auch ein Stück akademischer Arbeitskultur und akademischem Selbstverständnis verloren, das „Ärztecasino“ (allein dieses Wort scheint inzwischen aus einer untergegangenen Epoche entlehnt). Wo gibt es in den modernen, nach reiner Funktionalität ausgerichteten Kliniken heute noch einen kommunikativen Treffpunkt der Ärzteschaft, in dem die Dienstequipe sich zum Nachtessen trifft (eingekauft und gekocht wurde früher von Assistenzärzten, der Oberarzt übernahm in der Zeit deren Dienstfunk), in denen Aperos abgehalten werden und in denen in Arbeitspausen und nach Feierabend manches fruchtbare Gespräch geführt wird?

An dieser Stelle soll eine denkwürdige Festlichkeit erwähnt werden. Im Sommer 1996 wurde die Basler Frauenklinik 100 Jahre alt. Zu diesem Jubiläum wurde ein Fest organisiert, in dessen Rahmen nicht nur der Anlass intern gebührend gefeiert wurde; über drei Tage hinweg öffnete die Klinik auch ihre Tore und stellte sich der interessierten Öffentlichkeit vor. 30000 Besucher kamen der Einladung nach und demonstrierten auch auf diese Weise die grosse Verbundenheit der Basler mit ihrem „Fraueli“.  
Eine weitere erinnerungswürdige Veranstaltung fand zum Auszug aus der alten Klinik statt. Im September 2002 erfolgten im alten Hörsaal der Klinik mehrere Aufführungen von Franz Kafkas Monologerzählung „Ein Bericht für eine Akademie“. Welche Umgebung wäre für diese Aufführung geeigneter gewesen als der altehrwürdige Hörsaal der Frauenklinik, in dem viele Generationen von Basler Studenten über Jahrzehnte hinweg unterrichtet wurden? 

Im Frühjahr und Sommer erfolgte der Teilabriss der alten Frauenklinik (die Gebäudeteile an der Schanzen- und Spitalstrasse). Auf dem Gelände der alten Frauenklinik entsteht zurzeit die Universitäts-Kinderklinik beider Basel, deren Fertigstellung für das Jahr 2010 vorgesehen ist.