Medizinische Radiologie

Der medizinische Nutzen der Röntgenstrahlen wurde auch in Basel bald nach ihrer Entdeckung im Jahr 1895 realisiert. Bereits am 2. März 1896 wurde mit Hilfe einer im Bernoullianum installierten Crooke’schen Röhre eine Nadel in der Hand einer Patientin identifiziert, die man zuvor bei der klinischen Untersuchung nicht exakt lokalisieren konnte. Bereits im Mai desselben Jahres wird über ein weiteres im Bernoullianum aufgenommenes «Skiagramm» berichtet, welches zur Lokalisation eines Projektils in der Hand angefertigt wurde.

Anfänge der Röntgendiagnostik in Basel
Das Basler Bürgerspital als Vorgänger des späteren universitären Kantonsspitals erweist sich im Weiteren als ausgesprochen innovativ bei der Einführung dieser neuen Technik, indem es bereits im Jahr 1896 einen Röntgenapparat beschafft. Auch organisatorisch wird der offensichtlichen Bedeutung der neuen Technik früh Tribut bezollt, indem bereits im Jahr 1897 ein «Diagnostisches Röntgeninstitut» – das erste in der Schweiz – gegründet wird. Die Leitung wird dem Spitaladjunkten Wilhelm Mayer-Lienhard übertragen, der diese Aufgabe bis zum Jahr 1922 wahrnimmt. Wie viele Pioniere der Radiologie wird auch Mayer-Lienhard mit der negativen Seite dieser Revolution der medizinischen Diagnostik am eigenen Körper konfrontiert. Strahlenschäden führen zu chronischen Hautveränderungen, gefolgt von verschiedenen Amputationen; im Jahr 1944 erliegt Mayer-Lienhard seinem peinvollen Leiden. Den raschen Aufschwung der Röntgendiagnostik erhellen auch die Untersuchungszahlen, die von 260 im Jahr 1897 auf 11'600 im Jahr 1922 ansteigen, davon 1'600 sogenannte Durchleuchtungen.

Mit dem Ausscheiden von Mayer wird die Leitung des Institutes neu einem Arzt übertragen und zwar dem in der Röntgendiagnostik bereits erfahrenen Max Lüdin. Er ist, wie viele Radiologen der Gründerjahre, von Hause aus Internist und kann sich 1918 unter Rudolf Staehelin habilitieren. Neben der Röntgendiagnostik leitet er auch noch das Institut für physikalische Therapie. Aus dieser Doppelfunktion heraus fusionierten beide Institute im Jahr 1927 und auch die Venia legendi von Max Lüdin wurde von der Kuratel auf «physikalische Therapie und allgemeine Röntgendiagnostik» erweitert. Max Lüdin begründete damit die akademische Ausrichtung der «Röntgendiagnostik» in Basel. Schon früh gab er wöchentlich einstündige Kurse in dieser neuen Technik, die zunächst aber für Studierende nicht obligatorisch waren. Dies änderte sich 1927, als der damalige Regierungsrat auf Antrag von Dekan Wieland, Lüdin zum Extraordinarius berief und ihm damit einen Lehrauftrag für «physikalische Therapie und allgemeine Radiologie» erteilte.

Lüdin war bis zum 31. März 1954, also bis zu seinem 71. Lebensjahr im Amt geblieben. Mit seinem Ausscheiden wurden ‹seine› beiden Institute wieder getrennt und die Leitungen in unterschiedliche Hände gelegt. Zum Chef des Röntgeninstitutes wurde der schon 60jährige Wiener Prof. Erich Zdansky berufen, der dieses Amt bis im Jahr 1964 ausfüllte. Nicht ohne Grund wurde Erich Zdansky als «in jeder Hinsicht alle anderen Kandidaten weit überragend» beschrieben, galt doch die früh selbständige Wiener Radiologie als eine der führenden in Europa. Wissenschaftlich war Zdansky durch seine klinischen, röntgenologischen und anatomischen Untersuchungen zur kardialen Lungenstauung und dem Lungenödem sowie zur Lungentuberkulose international bekannt geworden. Zdansky konnte von seiner Ausbildung her noch die gesamte Röntgendiagnostik und Strahlentherapie seiner Zeit überblicken und in Dienstleitung, Lehre und Forschung vertreten.

Ausdifferenzierung der Bereiche in den 1960er Jahren
Mit Zdanskys Ausscheiden im Jahr 1964 wurde das Universitäts-Röntgen-Institut stärker gegliedert und zwar in die Abteilungen für Röntgendiagnostik, Strahlentherapie, Nuklearmedizin und Medizinische Strahlenphysik. Damit trug die Organisationsstruktur des Institutes der zunehmenden fachlichen Spezialisierung der drei Disziplinen der Radiologie und ihrer strahlenphysikalischen Grundlagen Rechnung.

Die weiteren Entwicklungsschritte der Radiologie in Basel fanden unter neuer Leitung statt. Im Jahr 1965 wurde Helmut Hartweg, ein in Tübingen habilitierter Radiologe, auf das Ordinariat Radiologie berufen. Hartweg hatte in Tübingen auf dem Gebiet der Strahlenbiologie und –therapie sowie über Lungenaffektionen, speziell den Morbus Boeck gearbeitet. In seiner Basler Zeit bis zum Jahr 1985 publizierte er vor allem über Themen aus der gastro-enterologischen Radiologie, u.a. zur Diagnostik des Morbus Crohn. Mit der Berufung von Hartweg wird das Ordinariat für Medizinische Radiologie als gesetzliches Ordinariat im Strukturplan der Universität verankert und die Radiologie in die Liste der Pflichtprüfungsfächer im Staatsexamen integriert.

In den 20 Jahren seiner Basler Tätigkeit habilitieren 9 Kollegen des Institutes unter seiner Leitung:

  • Raimund Fridrich (geb. 1929) im Studienjahr 1967/68 über das Thyroxin-bindende Protein (Nuklearmedizin),
  • Manfred Elke (geb. 1928) im Studienjahr 1969/70 zur Lymphographie (diagnostische Radiologie),
  • Reinhard Hünig (geb. 1928) im Jahr 1973 zur Szintigraphie intrakranieller Tumoren (Nuklearmedizin)
  • Johannes Locher (geb. 1939) im Jahr 1974 über Nierenfunktionsuntersuchungen bei Nephroptose (Nuklearmedizin)
  • Hans-Erich Schmitt (geb. 1928) im Jahr 1977 über die ascendierende Phlebographie bei tiefer Venenthrombose (diagnostische Radiologie),
  • Rolf Sauer (geb. 1939) im Jahr 1977 über die Bestrahlung von pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen der Maus (Radioonkologie),
  • Urs Wiggli (geb. 1938) im Studienjahr 1978/79 über die multifaktorielle, quantitative Analyse in der Computertomographie des Gehirns (Neuroradiologie)
  • Jakob Roth (geb. 1945) im Studienjahr 1979/80 über die Bestimmung der Strahlenbelastung der Patienten in der Röntgendiagnostik und Nuklearmedizin (Strahlenphysik)
  • Jan Müller-Brand (geb. 1947) über die computerassistierte Analyse der regionalen Lungenperfusion und –ventilation (Nuklearmedizin).


Die aufgeführten Habilitationsthemen spiegeln die Breite der wissenschaftlichen Arbeitsgebiete, die am Institut mit seinen vier Abteilungen, beforscht wurden. Von den genannten Mitarbeitern erhält R. Sauer im Jahr 1977 einen Ruf auf das neu geschaffene Ordinariat für Radiotherapie an der Universität Erlangen-Nürnberg, den er annimmt. Raimund Fridrich verblieb am Institut, wurde Abteilungsleiter der Abteilung für Nuklearmedizin und 1973 zum a.o. Professor befördert. M. Elke übernahm mit dem Ausscheiden von Hans Ludin, der 1973 Chefarzt der Röntgenabteilung am damals neu gegründeten Bruderholzspital in BL wurde, die Abteilung für Röntgendiagnostik und wurde 1976 zum a.o. Professor befördert. Die Verantwortung für die Abteilung für Strahlentherapie wurde R. Hünig übertragen, der 1981 zum a.o. Professor ernannt wurde. H.E Schmitt wurde Leiter der cardiovaskulären Diagnostik innerhalb der Abteilung für Röntgendiagnostik und 1983 zum a.o. Professor befördert. U. Wiggli leitete die Neuroradiologie an der Abteilung für Röntgendiagnostik nur bis zum Jahr 1984, um dann in eine Privatpraxis in Basel einzutreten. J. Roth übernahm die Leitung des Dienstes für Radiologische Physik von seinem Vorgänger H. Lüthy im Jahr 1980. J. Müller-Brand wurde 1994 Nachfolger von R. Fridrich als Chefarzt von Klinik und Institut für Nuklearmedizin, verbunden mit der Berufung auf das Extraordinariat für Nuklearmedizin.

Gründung des Departements Medizinische Radiologie
Mit der Pensionierung von Helmut Hartweg im Jahr 1985 wird das Universitätsinstitiut für Radiologie in ein Departement Medizinische Radiologie überführt. Nuklearmedizin, Radioonkologie und Radiologie erhalten damit den Status eines Institutes und werden von Chefärzten geleitet – R. Hünig für die Radioonkologie, R. Fridrich für die Nuklearmedizin und M. Elke interimistisch für die Radiologie. Zusätzlich wird der physikalische Dienst des Institutes in eine departementale Abteilung unter Leitung von J. Roth umgewandelt. R. Fridrich ist interimistischer Departementsvorsteher bis zum Jahr 1990.