Archäologe

Mit dem Rücken zum Betrachter sitzt der glatzköpfige Mann auf einer Amphore und studiert eine Tafel mit Hieroglyphen. Die Füsse hat er auf eine weitere Requisite der Grabungs-Kulisse gestellt, eine kannelierte Säule. Wie es die strapaziöse Arbeit des Archäologen erfordert, trägt er feste schwarze Schuhe und braune, hochgeschlagene Hosen, vielleicht Lederhosen. Darüber bekleidet ihn ein weisses, langes Jackett.

Die Steinplatte mit den eingravierten Hieroglyphen, die sehr schwer sein müsste, hält er auf seinen Knien, als wäre sie ein Buch. Trotz den riesigen Zeichen hat er eine Lesebrille aufgesetzt, durch die er die Schrift zu entziffern versucht. Auffallend an seiner Physiognomie ist sein riesiger, nach hinten ausladender Kopf und die stark gewölbte Stirn. Obwohl er im Halbprofil dargestellt ist, sehen wir nichts von seinen Augen, sondern nur eine hautfarbene Einbuchtung, jedoch eine lange Knollennase. Als Gegensatz zu seiner Glatze steht der dunkle, lockige Bart. Dieser ist vermutlich sein ganzer Stolz und will daher auch gepflegt sein, hierfür hat er einen Kamm in der Jackentasche bereit. Hinter dem Ohr hat er eine gespitzte, weisse Feder. Obwohl wir es eindeutig mit einer Schreibfeder zu tun haben und nicht mit einer Schmuckfeder, könnte es sein, dass hier auf die Feder als Attribut der Eitelkeit anspielt wird. Wahrscheinlich soll sie sowohl seine Gelehrtheit als auch seine Eitelkeit, die im Gegensatz zur robusten Kleidung und dem schmutzigen Fingernagel steht, betonen und ironisieren. Den Nachtopf des Arztes finden wir hier in Form der Amphore wieder, die dem Archäologen als Sitz dient.

Bei den Hieroglyphen handelt es sich grösstenteils um geläufige Zeichen, bisher konnte ihrer Kombination keine weitere Bedeutung zugeordnet werden. Wie auch die Substanzen bei der Apothekerin oder das Präparat des Anatomen sind sie wahrscheinlich als Stellvertreter zu lesen, in diesem Fall soll ein ägyptisches Fundstück repräsentiert werden.
Auf dem Boden, zwischen Amphore und Säule, kriecht eine überdimensionale Spinne. Mit einem abstrahierten weissen Kreuz ist sie als Kreuzspinne gekennzeichnet. Ähnlich wie die Kröte beim Botaniker bringt auch sie ein unheimliches Element in die Szenerie. Ausserdem könnte ebenfalls eine Verortung - z.B. die Ruine - gemeint sein. Spinnen sind ein Symbol des Geizes, die Kreuzspinne war wegen ihrer Musterung von dieser Symbolik jedoch ausgenommen und galt als gesegentes Wesen. Diesen grossen Bedeutungsunterschied lässt der Künstler hier jedoch absichtlich verwirrt und unklar. Trotz des Kreuzes könnte auf die Habsucht der Archäologen, die ihre Fundgegenstände mitlaufen lassen, angespielt sein. Interessant ist auch die Parallele zwischen den Zeichen der Hieroglyphen und der bezeichneten Spinne. Wie die Hieroglyphen dem Archäologen Mühe machen, obwohl sie im Grunde ja alltägliche Gegenstände wie ein Auge oder eine Schlange darstellen, stellt uns das vertraute Zeichen des Kreuzes hier vor ein Rätsel.